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„Last Day of June“ im Test – Was würdest du für die Liebe tun?

Wie weit würdest du gehen, um das Leben eines geliebten Menschen zu retten und die Vergangenheit ungeschehen zu machen? Dieser interessanten Frage haben sich Ovosonico in ihrem neusten Titel Last Day of June gewidmet, welcher schon jetzt als kleines Highlight unter den diesjährigen Indiespielen gilt.

In dem Puzzle-Adventure begebt ihr euch auf ein ergreifendes Abenteuer und erlebt das tragische Schicksal eines Mannes und seiner großen Liebe. Ob sich das Game als wahres Kunstwerk entpuppt und uns die berührende Reise in die Vergangenheit gelingt, erfahrt ihr in unserem Test.

Story: Eine furchtbare Tragödie

Die ersten Augenblicke des liebevoll gestalteten Intros könnten beschaulicher nicht ausfallen. Carl und June lassen einen lauen Sommerabend gemütlich am Wasser ausklingen und genießen innig ihr gemeinsames Glück. Sie kichern, umarmen sich und schließlich überreicht June ihrem Liebsten ein niedlich verpacktes Geschenk. Langsam geht die Sonne unter und man spürt, dass die Verbindung der beiden Liebenden nicht vertrauter sein könnte.

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Doch dieses idyllische Bild soll schon bald in tausend Teile zerbrechen. Mit einem Schlag ziehen Wolken auf und die Kulisse wird in ein kaltes Licht getaucht. Carl und June steigen schnell ins Auto, um dem hereinbrechenden Unwetter zu entgehen. Der Regen knallt gegen die Windschutzscheiben und nimmt dem fahrenden Carl zunehmend die Sicht.

Plötzlich rollt ein Ball auf die Fahrbahn und es kommt, wie es kommen musste: während ein kleiner Junge unachtsam auf die Straße rennt, legt Carl eine Vollbremsung ein und es kommt zu einem lauten Knall. Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Die Szene wechselt: Carl wacht voller Schrecken in seinem Sessel auf und stellt schmerzvoll fest, dass sein ganz persönlicher Albtraum wahrgeworden ist. Während er selbst an den Rollstuhl gefesselt ist, hat seine große Liebe den tragischen Unfall nicht überlebt. Gezeichnet von Trauer und Schmerz bewegt er sich durch die kalten Räume seines Hauses, das einst von Lachen und Wärme erfüllt war.

Doch plötzlich entwickeln die Gemälde, die June einst mit soviel Hingabe zeichnete, ein Eigenleben und Carl bekommt die Möglichkeit, die Zeit bis zum Tag des Unglücks zurückzudrehen. Ist das Schicksal seiner geliebten June vielleicht doch noch nicht besiegelt und gelingt es ihm, das Unglück mit den richtigen Entscheidungen noch einmal abzuwenden?

Gameplay: Wenn das Schicksal dir eine zweite Chance gibt

Bereits nach wenigen Minuten zeigt sich das ungewöhnliche Spielkonzept des Games, welches dir die Möglichkeit offeriert, die entscheidenden Stunden des Unglückstags immer wieder zu durchleben. Wenn auch Carl deutlich von der Tragödie gezeichnet ist, besitzt er doch die überirdische Fähigkeit, die Zeit immer wieder zurückzudrehen. So kannst du dich durch das Betrachten vertrauter Gemälde in die Vergangenheit teleportieren und in die Rolle der Figuren schlüpfen, die eine maßgebliche Rolle für das Geschehen spielten. Hast du eine Erinnerung abgeschlossen, wirst du wieder in die Gegenwart manövriert und kannst dich von der Lobby des Hauses, die hier als eine Art Hub-Level fugiert, in das nächste Gemälde begeben. So ist es an dir, nacheinander die Namenlosen durch das Spiel zu steuern, die hier nur als das Kind, der alte Mann, die beste Freundin und der Jäger bekannt sind.

So hinderst du das Kind beispielsweise daran, den Fußball am Tag des Unwetters auf die Straße rollen zu lassen oder belädst das Auto der jungen Frau so, dass es nicht zur Gefahr auf der von Regen bedeckten Fahrbahn wird. Es ist mehr als offensichtlich, dass der Schlüssel zu Junes Schicksal allein in den Taten der einzelnen Figuren liegt, die allesamt weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Doch es sind nicht nur die kleinen charmanten Rätsel samt ihrer Wechselwirkungen, die hier ein ganz besonderes Spielgefühl erzeugen. So spürt man in jedem Moment die tiefe Verbundenheit der beiden Protagonisten, welche sich trotz der eher hölzernen Darstellung der Charaktere ungemein echt und lebendig anfühlt. Nur zu gerne möchte man Carl in den Arm nehmen und setzt alles daran, dass entscheidende Detail zu finden, welches Junes letztlich das Leben rettet.

Balance: Kopfnüsse sucht man hier vergebens

Doch wenn auch die Spielatmosphäre beispielgebend in seiner Ausprägung ist, so sorgt doch gerade die Einfachheit des Spiels dafür, dass es keine wirkliche Fülle komplexer Aufgaben zu erledigen gibt. Zwar ist das Wechselspiel der einzelnen Figuren durchaus interessant konstruiert, dennoch besteht das Game im Kern darin, lediglich die einzelnen Ecken des begrenzten Areals abzulaufen.

Steuerung: In der Einfachheit liegt der Zauber

Auch die Steuerung fällt entsprechend einfach aus und neben der einfachen Fortbewegung reicht ein einzelner Tastendruck für eine Interaktion aus.

Grafik und Sound: Wenn Farben statt Worte sprechen

Grafisch gehen die Entwickler mit Last Day of June eigenwillige Wege, lassen euch aber in jeder Sekunde spüren, mit wieviel Liebe sie sich diesem Werk gewidmet haben. So lässt der sanfte Wasserfarben-Look die ganze Szenerie wie ein lebendiges Gemälde wirken, welches durch euren Einfluss sein ganz besonderes Eigenleben entwickelt. Insbesondere in den Passagen, in denen June noch lebt, strahlt die Kulisse in sanften Herbstfarben und der warme Lichteinfall erzeugt ein Bild der absoluten Harmonie.

Untermalt wird das Gesamtbild von wunderbar melancholischen Musik- und Gitarrenstücken, die aus der Feder von Steve Wilson stammen. Eine Besonderheit des Games besteht zudem in der Tatsache, dass während des gesamten Verlaufs nicht ein einziges Wort gesprochen wird, sondern die niedlichen Figuren ihre ganz eigene Fantasiesprache verwenden. Dies verleiht dem Spiel nicht nur eine ganz besondere Note, sondern lässt das Geschehen trotz seiner tieftraurigen Grundgeschichte immer wieder fröhlich erscheinen.

Fazit: Ein interaktives Meisterwerk, das tief berührt

Last Day of June ist ein ebenso außergewöhnliches wie berührendes Game, welches sich als interaktive Erzählung versteht und dabei den Mut hat, ganz eigene Wege zu gehen. Wenn auch der Titel kein Texturfeuerwerk ist, ist es doch die Einfachheit, die hier ihre ganz eigene Wirkung entfaltet und den Spieler von Beginn an mit dem sympathischen Pärchen mitfühlen lässt. An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass der Song „Drive Home“ von Steve Wilson, der auch den Soundtrack für das Werk spendierte, eine wichtige Inspirationsquelle für die Entwickler war. Denn bereits Steve Wilson verstand es in seinem Song eine bittersüße Liebesgeschichte zu erzählen, die jeden Menschen dazu auffordert, niemals die Hoffnung aufzugeben.

Wenn dir dieser Titel gefallen hat, dann wirf doch auch mal einen Blick auf „Life is Strange“, „What Remains of Edith Finch“, „Beyond Two Souls“ oder „Brothers – A Tale of Two Sons“.

Pro
Contra
Story
90%
+ sanfte Einführung in das Spiel
+ berührende Story, inspiriert durch Song „Drive Home“ von Steve Wilson
+ einzelnen Figuren wird dank der Erinnerungen Leben eingehaucht
Gameplay
85%
+ interessante Spielmechanik
+ Spielwelt wird im Laufe des Geschehens grösser
+ umfangreiche Interaktionsmöglichkeiten
+ Emotionen werden ohne jede Sprache spürbar
– viele Spielzüge wiederholen sich
Balance
85%
+ Spiel wird mit zunehmendem Fortschritt anspruchsvoller – keine wirklichen Herausforderungen
Steuerung
80%
+ einfache Steuerung
Grafik & Sound
90%
+ gelungener Wasserfarben-Look
+ außergewöhnliches Figurendesign
+ Farben statt Worte erzählen eine Geschichte
+ stimmungsvoller Soundtrack von Steve Wilson

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