Das hat lange gedauert: Seit dem Release von Age of Empires 3 im Jahr 2005 gab es aus der Reihe zwar diverse Erweiterungen, Remaster, Remakes sowie kleinere Online- und Free-to-Play-Ableger, doch ein richtiger Nachfolger fehlte. Mit Age of Empires 4 ändert sich das nun: Das von Relic Entertainment entwickelte Spiel soll für 60 Euro neues Futter für Fans von Echtzeit-Strategiespielen bieten. Wir haben uns den neuesten Ableger der traditionsreichen Reihe bereits im Vorfeld angesehen und wollen klären, wie gut die Umsetzung gelungen ist.
Auf ins Spiel!
Startet man Age of Empires 4 zum ersten Mal, so wird man nach ein paar Einstellungen direkt in ein Tutorial geworfen, in dem die Grundlagen des Spiels erklärt werden. Spieler, die mit der Reihe bereits vertraut sind, dürften dabei nur im Detail überrascht werden. Vieles ist wie bei den anderen Serienablegern. Im Tutorial muss man etwa mit Dorfbewohnern Ressourcen sammeln, Einheiten ausbilden und gegnerische Armeen mit den jeweiligen Konter-Einheiten angreifen – soweit so bekannt. Wie in Teil 2 gibt es dabei die vier Ressourcen Holz, Stein, Gold und Nahrung, die man in Technologien, Gebäude und Einheiten investieren kann um so wahlweise Kampagnen zu bestreiten, zufällige Computermatches auszutragen oder im Multiplayer gegen andere Spieler anzutreten.
Nach dem bestandenen beziehungsweise übersprungenen Tutorial geht es ins Hauptmenü. Wir haben uns daraufhin direkt in die Normannen-Kampagne gestürzt, um die Spielmechaniken besser kennenzulernen. Das prinzipielle Format ist dabei ebenso aus den Vorgängern bekannt: Die zu erzählende Geschichte wird durch einen Sprecher und Ingame-Zwischensequenzen erklärt. Neu sind zudem die optionalen Einspieler: Hochwertig produzierte Videoclips, die einem das Geschehen näher bringen sollen. Weitere Clips Inhalte schaltet man zudem mit dem Abschließen einiger Missionen frei, womit Age of Empires 4 eine bereits vorhandene Zielgruppe deutlich stärker anspricht als zuvor: Geschichts-Fans.
Uns haben die kleinen Einblicke gefallen, sie wirken stellenweise fast wie ein Spiel gewordener History-Channel. Bei der Erzählstruktur gibt es in unseren Augen hingegen einen leichten Rückschritt: Während es im besonders erfolgreichen Teil 2 der Serie für jede Kampagne eigene Sprecher gab, und diese aus ihrer (damaligen) Sicht berichteten, kommt bei Age of Empires 4 immer dieselbe Sprecherin zum Einsatz, die zwar die damalige Situation gut erklärt, aber stets in der Vergangenheit spricht. Beides ist zwar nur ein kleines Detail, nimmt aber im Vergleich zu den alten Kampagnen etwas Immersion. Allzu störend ist das aber nicht: Wir haben die zahlreichen, kurzen Einzelkampagnen genossen.
Altes und Neues beim Gameplay
Wie bereits erwähnt ist das Gameplay von Age of Empires 4 im Grundprinzip gleich geblieben, doch kombiniert der neue Ableger einige Element vergangener Spiele und ergänzt diese stellenweise durch eigene Neuerungen. Beispielsweise wird die Sichtweite von Einheiten nun zusätzlich durch Objekte wie etwa Bäume begrenzt, und das Fortschreiten in ein neues Zeitalter erfordert keine Entwicklungszeit im Dorfzentrum, sondern den Bau eines Gebäudes. Dieses wiederum gibt einige vom Spieler auswählbare Vorteile, womit die acht enthaltenen Zivilisationen noch etwas flexibler werden.
Im Kern setzen die Zivilisationen in Age of Empires 4 immer noch auf ein Grundgerüst identischer Gebäude und Einheiten, im Vergleich zu älteren Age-of-Empires-Spielen fallen die Unterschiede durch die Boni aber etwas größer aus, sodass sich doch etwas stärker abweichende Spielweisen ergeben. Eine Zivilisation bekommt beispielsweise alle Technologien kostenlos, dafür werden diese aber extrem langsam entwickelt. Eine Beschleunigung ist nur durch das Ausbilden von Gelehrten möglich, was den Spielverlauf sehr goldlastig macht.
Auch beim allgemeinen Gameplay gibt es einige Anpassungen, die viel am Spielverlauf ändern. Steinmauern sind beispielsweise deutlich wichtiger, da diese Bogenschützen beherbergen und nur noch von Belagerungswaffen zerstört werden können. Diese wiederum lassen sich nun teilweise von Infanterieeinheiten im Feld zusammensetzen. Für weitere Abwechslung sorgen außerdem die Spezialfähigkeiten einiger Einheiten, die man manuell aktivieren muss. Beispielsweise kann man so auf eigentlich ungeschützte Bogenschützen Pfähle in den Boden rammen lassen, um anstürmende Kavallerie zu schwächen. Im Gegensatz zu bisherigen Spielen liegt der spielerische Fokus somit deutlich stärker auf strategischen Besonderheiten und weniger auf schnellen Reaktionen wie etwa dem manuellen Ausweichen, das bislang gerade professionelle Spieler perfektioniert haben. In Age of Empires 4 sind derartige Techniken hingegen obsolet: Geschosse haben immer eine 100-prozentige Trefferquote – auf Wiedersehen, geliebte Split-Formation.
Trotz oder gerade wegen derartige Änderungen hat Age of Empires 4 beim Testen viel Spaß gemacht: Das Spiel spielt sich im Detail anders als ältere Teile, und das ist auch gut so. Insgesamt wirkt das Gameplay-Konzept schlüssig und wir wollten immer gerne noch eine weitere Runde dranhängen. Wer hingegen keine Änderungen möchte, der hat mit den inzwischen veröffentlichten Definitive-Editions aller drei Hauptspiele schließlich ohnehin schon eine moderne technische Basis für sein Wunsch-Spiel bekommen. Hauptsächlich würden wir uns vom Gameplay daher nur noch zwei Sachen wünschen: Den bereits angekündigten Karten-Editor und eine Oldschool-Alternative zum neuen Hotkey-System, das in unseren Augen etwas umständlich ist.
Grafik & Performance von Age of Empires 4
Die Systemanforderungen von Age of Empires 4 sind recht moderat: Microsoft verlangt für das Spiel Windows 10 und mindestens einen i5-6300U oder einen Ryzen 5 2400G mit der entsprechenden IGP und 8 GB RAM. Auch die empfohlenen Anforderungen sind nicht dramatisch: Hier werden aktuelle Sechskerner, 16 GB RAM und wahlweise eine GTX 970 oder eine RX 570 empfohlen.
In der Praxis können wir den moderaten Leistungsbedarf von Age of Empires 4 bestätigen. Zufällig war zum Testzeitpunkt ohnehin ein Thinkpad X260 in Reichweite, das exakt den von Microsoft angegeben Mindestanforderungen entspricht: Ein Core i5-6300U, keine externe GPU und 8 GB Arbeitsspeicher. In dieser Konfiguration haben wir testweise mit niedrigsten Details und halber 1080p-Auflösung ein 1v1-Gefecht ausprobiert, und hatten dabei spielbare Bildraten im Bereich zwischen 35 und 40 fps. Gut sieht das Spiel in dieser Konfiguration aber nicht mehr aus: Etwas mehr Leistung als das Minimum wäre dann doch wünschenswert.
Mit unserem verwendeten Hauptsystem, bestehend aus einem Ryzen 7 3700X, 32 GB Arbeitsspeicher und einer RX 6700 XT, läuft das Spiel dann auch auf höchsten Details und in UHD problemfrei: Unter die 30 fps kamen wir, bei UHD-Auflösung, nie. Hierbei ist aber noch zu erwähnen, dass Microsoft Tester mit Navi-21-GPU vorab explizit gewarnt hat, dass hier die Performance noch verbessert wird. Die RX 6700 XT setzt zwar auf Navi 22, doch aufgrund derselben Architektur dürfte das auch für unsere Grafikkarte gelten. Die Performance-Werte sollten daher nicht überbewertet werden, denn Age of Empires 4 lieft bei uns im Grafiklimit. Die CPU langweilte sich hingegen auch bei einem Match mit sieben KI-Gegnern.
Und was macht Age of Empires 4 nun mit der geforderten Rechenleistung? Wie Teil 3 verfügt das Spiel über eine echte 3D-Grafik, wobei der Spieler die Welt drehen und von Nahem Anschauen kann. Die Grafik ist dabei, in unseren Augen, optisch ansprechend: Einheiten und Gebäude sind detailliert genug, und feingliedrige optische Extras wie etwa die Aufbau- und Zerstör-Animationen sowie die detailreiche Spielkarte, haben uns gut gefallen. Beim Bauen und bewegen ist Age of Empires 4 dabei trotz der vielen Details recht gnädig: Einheiten und Gebäude scheren sich nicht um die Dekoration, womit diese den Spielfluss auch nicht stört. Für die meisten Gebäude setzt das Spiel dabei auf das aus Teil 2 bekannte Raster, einige Elemente wie Mauern können aber auch frei platziert werden.
Durch die vielen Details geht allerdings auch die Übersicht etwas verloren, was Age of Empires 4 für kompetitive Spieler womöglich etwas weniger interessant macht als der klar strukturierte Teil 2 – das wird die Zukunft zeigen müssen. Zudem ist die 3D-Grafik leider nicht immer konsistent: Selten sind etwa Bäume zu erkennen, bei denen das hochauflösende Modell erst nachträglich lädt – das stört die Immersion. Zudem ist das Speichern und der Spielstart im Moment mit einer Ladezeit von ein paar Sekunden verbunden. Das mag zwar technisch notwendig sein, zumindest bei den Kampagnen wäre es aber umgänglich gewesen: Dort sieht man sich schließlich zuerst ein Video an, und wird danach erst mit der Ladezeit konfrontiert. Das hätte schöner gelöst werden können, schließlich dürfte sich der Rechner während der Videowiedergabe ausgiebig langweilen, und parallel laufende Speichervorgänge gibt es in einigen anderen Titeln ebenso.
Fazit zum Age of Empires 4 Test
Mit Age of Empires 4 ist Microsoft ein würdiger Nachfolger zu den bisherigen Ablegern der Reihe gelungen. Das Echtzeit-Strategiespiel erfindet das Rad zwar nicht neu, aber es bietet eine abwechslungsreiche und spaßige Umsetzung von bekannten und neuen Elementen. Das Aufbauen des eigenen Imperiums ist ebenso spaßig wie das Niedermetzeln feindlicher Armeen oder das langsame Einreißen einer feindlichen Basis, die einem schon lange ein Dort im Auge war. Hier und da gibt es zwar noch ein paar Kleinigkeiten, für die wir uns einen Patch wünschen würden – Stichwort Hotkeys – doch im Vergleich zum Zustand anderer Launch-Titel kann sich Age of Empires 4 auf jeden Fall sehen lassen.
Auch auf der technischen Seite stimmt das Meiste, auch wenn wir die Performance aufgrund von Pre-Launch-Problemen mit RDNA-Grafikkarten bestenfalls erraten und nicht vernünftig einschätzen konnten. Doch unabhängig davon bringt Age of Empires 4 ein stabiles und optisch ansprechendes Erlebnis auf den Bildschirm.
Insgesamt hatten wir mit dem neuen Age of Empires viel Spaß. Die meisten genannten, kleinen Kritikpunkte wären zudem vermutlich gar nicht aufgefallen, wenn wir nicht schon die Review im Blick gehabt hätten. Daher gilt unserer Meinung nach: Egal ob Serienveteran oder Neuling, Age of Empires 4 hat eine Empfehlung verdient.
Pro
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Contra
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+ Abwechslungsreiche Kampagnen/Missionen + Tolle Einspieler, die die Story erklären + Viel Spielzeit (Geschätzt: 20-35h) |
– Kein begleitender, nur noch ein „historischer“ Erzähler |
+ Im Kern immer noch ein Age of Empires + Sinnvolle Neuerungen, die das Gameplay anpassen und ergänzen |
(- Zum Start: Nur acht Zivilisationen) |
+ Verschiedene KI-Level mit deutlichen Unterschieden + Freie Team-Kombinationen möglich |
– (Noch) Keine gute Zusammenarbeit mit der KI (fehlende Taunts) |
+ Für Anfänger: Komplett mit der Maus spielbar + Für Fortgeschrittene: Viele Hotkeys + Großzügige Anpassungsmöglichkeiten |
– Hotkey-System teilweise gewöhnungsbedürftig |
+ Stimmige 3D-Grafik + Einprägsames Sounddesign |
– Gelegentlich etwas unübersichtlich |