Das Warten hat nun ein Ende und damit auch die Schonzeit für die PS4. Der neue Ableger der bekannten Final Fantasy-Reihe ist erschienen und liefert prompt eine bunte Mischung der Gefühle. Ganz nach dem Sprichwort: „Wo Annehmlichkeiten sind, da gibt es auch Schmerz“ bringt der spielerische Richtungswechsel nicht nur über fünfzig Stunden Spaß, sondern auch einiges Fluchen und Kopfschütteln. Was die Gefühlsschwankungen ausgelöst hat und vieles mehr erfahrt Ihr in meinem Test.
Ein Königreich, ein Konflikt und ein Kronerbe
An dem Tag, als ein Friedensvertrag zwischen den Königreichen Lucis und Niflheim unterzeichnet werden soll, lässt der Herrscher Niflheims, Idola Aldercapt, seine Armee die Stadt Insomnia angreifen und bringt Insomnias Kristall, der letzte der gesamten Welt, in seine Gewalt. Während des Angriffs wird der König von Lucis ermordet und dessen Sohn Noctis Lucis Caelum zusammen mit einer jungen Frau für tot erklärt. Bei dieser Frau handelt es sich um Lunafreya Nox Fleuret von Tenebrae, welcher es gelang ins Exil zu flüchten.
Noctis hingegen war bei diesen Ereignissen gar nicht anwesend, da er Insomnia zuvor mit seinen vier Gefährten Ignis, Gladiolus und Prompto verließ. Denn sein Vater hatte sie zuvor losgeschickt, um die Hochzeit mit Lunafreya vorzubereiten, weil dieses Bündnis ein Teil des Friedensvertrages war. Dementsprechend ist auch er noch ziemlich lebendig, aber die imperialen Truppen sind auf der Suche nach ihm. Allerdings werden die Geschehnisse an der Quelle allen Übels nur oberflächlich angeschnitten, denn jeder weiß doch, wie uninteressant Politik ja sein kann. Schade eigentlich, da man ohne den Film Kingslaive eher wenig Ahnung hat, was gerade eigentlich passiert. Dies erschwert es einem die Tragik nachzuempfinden. Aber wer braucht Tragik, wenn er auch Action haben kann?
Nach einem notwendigen Tutorial bereitet einen eine kurze Cutscene auf die kommenden Herausforderungen in Eos vor. Dann werdet Ihr mitten in die Geschehnisse von Final Fantasy XV reingeworfen und so manch einer von euch könnte Gefahr laufen sich überrumpelt zu fühlen.
Ein Prinz der „besonderen“ Art
Für die Kenner unter euch werden einige Charaktere nicht fremd sein, da sie schon in Final Fantasy Dissidia einen Cameoauftritt hatten.
Noctis Lucis Caelum, auch „Noct“ genannt, ist der Protagonist von Final Fantasy XV. Er ist der Kronprinz und letzte Erbe des Adelsgeschlechts, welches über Lucis herrscht und die Kristalle beschützt. Zudem wurde er von der Göttin Etro mit besonderen Fähigkeiten gesegnet. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass er himmlisches Licht sehen und somit auch den Tod anderer vorhersagen kann.
Sein Charakter spiegelt größtenteils den typischen Prinzen, welcher sich eher als eigensinnig und rebellisch gibt, wieder. Wie der alltägliche Prinz lehnt auch er starre und königliche Konventionen ab, ist aber immer darauf bedacht, die zu schützen, die loyal zu ihm stehen. Des Öfteren reagiert er übereilt und überschätzt seine physischen Kapazitäten. Wie gesagt, alles in allem, ist Noctis der typische Kronerbe eines fiktionalen Werks. Oder auch die personifizierte Definition eines Gangleaders.
Er verwendet mehrere Waffen, welche von Schwertern über Speere bis hin zu Lanzen variieren. Diese kann er mit Telekinese für den Angriff sowie für die Verteidigung nutzen.
Drei Freunde für den Noctis
Die Gang mit Noctis im Zentrum steht während des gesamten Spiels im Fokus und demonstriert wie wahre Freundschaft aussieht.
Ein vor Ehre strotzender Leibwächter darf natürlich nicht fehlen. Diese Rolle in der Gang übernimmt Gladiolus Amicita, auch „Gladio“, ein enger Freund des Prinzen. Er steht seinem Herrn loyal und gehorsam zur Seite.
Ignis Stupeo Scientia ist der Berater von Noctis. Als Stimme der Vernunft steht er ihn immerwährend zur Seite und hilft zwischen ihm und den anderen zu vermitteln.
Mit Prompto Argentum haben wir auch unseren Playboy der Truppe. Er ist ebenfalls seit der Schulzeit mit Noctis befreundet, gehört jedoch nicht dem engeren königlichen Kreis an. Dementsprechend gibt er sich des Öfteren ziemlich selbstgerecht, um seine tief im Inneren begrabenen Minderwertigkeitskomplexe zu übertönen. Dennoch steht er seinen Freunden zur Seite, wenn es hart auf hart kommt. Er dürfte den Chocobo-Liebhabern unter uns sehr sympathisch sein, da er häufig deren Lied singt.
Aus den jeweiligen Beschreibungen lässt sich schon die mangelnde Originalität der Charaktere erschließen, trotzdem schaffen sie es einem ans Herz zu wachsen. Das liegt an dem harmonischen Gruppengefüge, welches Noctis, Gladio, Ignis und Prompto bilden. Ihr werdet im gesamten Spiel Opfer deren größtenteils recht unterhaltsamen Bemerkungen sein und dadurch auch Einblicke in deren Gedanken bekommen. Promptos Drang zu fotografieren und seine Motivation dafür wird euch die Momente versüßen, wenn nicht sogar einen kleinen Funken Melancholie auslösen. So manch einer möge diese Komponenten als lästig erachten, aber hier klappt es wunderbar. Der Funke, den die Freundschaft entfacht, springt über und wird ein Feuer der Emotionen bei euch auslösen.
Eine vielleicht nicht ganz so offene Spielwelt
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ist Final Fantasy XV ein Open-World-Spiel. Prinzipiell ist die offene Spielwelt auch durchaus gelungen. Beschäftigt werdet Ihr zumindest in den anfänglichen zehn bis zwanzig Stunden mit diversen Nebenmissionen und der Erkundung der recht ansehnlichen Welt Eos sein. Nicht zu vergessen die wechselnden Wetterverhältnisse und Tageszeiten, die eure Reise nur umso spannender gestalten werden.
Aber leider wird die offene Spielwelt später nicht mehr ganz so offen sein, damit die Story vorangetrieben werden kann. Keine Frage, es funktioniert, aber es bleibt Geschmackssache. Zumindest ist das große Finale wieder von bester Qualität und nach dem finalen Bosskampf solltet Ihr erneut nach Eos aufbrechen, um neu freigeschaltete Dungeons und freudige Überraschungen zu entdecken.
Der Weg ist das Ziel
Aber im Gegenteil zu anderen Open-World-Spielen werdet Ihr in Final Fantasy XV gezwungen es gemächlich angehen zu lassen, wofür eure Transportmittel verantwortlich sind. Diese bestehen nämlich aus dem ältesten Fortbewegungsmittel unserer Zeit: dem Laufen, sowie einem Wagen, der Regalia, als auch die Teleportation. Und nicht zu vergessen: Chocobos!
Womit wir auch schon bei dem wunderbaren Reisesystem wären. Auch als leidenschaftlicher Fan der Reihe muss ich sagen, dass das Reisesystem im Groben und Ganzen einfach nur anstrengend ist. Man kann sich zwar frei durch die Gegend bewegen, aber als Läufer dauert es schon seine Zeit. Denn unser lieber Noctis ist leider kein durchtrainierter Ausdauersportler, weshalb er immer nur für eine kurze Zeit schnell läuft und sich danach in einem Schritttempo vorwärtsbewegt, auf welches doch nur Schnecken stolz sein können.
Jetzt kann man ja sagen, aber man hat doch ein Auto. Also warum nicht einfach fahren? Die Antwort ist simpel: Die Regalia ist sehr vorbildlich und kann dementsprechend nur auf Straßen fahren. Aber einige Ortschaften haben keine Straßen. Oder einer eurer Freunde bittet euch auszusteigen, um etwas genauer zu betrachten. Also muss man sich mit seinem hübschen Wagen einen Parkplatz suchen und zu Fuß weiterlaufen. Womit wir wieder beim Ursprungsproblem wären.
Zum Glück könnt Ihr euch später im Spiel ein flauschiges Chocobo mieten und schon macht die Erkundung mehr Spaß. Außerdem gibt es ja noch die Teleportation. Das Schöne an ihr ist, dass man sie als Fußgänger sowie als Autofahrer nutzen kann. Klingt bequem. Ist es auch. Wenn man das dafür benötigte Geld hat. Keine Sorge, das kann man sich in den schönen Nebenmissionen verdienen. Naja, in den meisten.
Bezahlung? Ne, danke
Damit wären wir auch schon bei dem nächsten Thema: die Nebenmissionen. Sie sind prinzipiell nichts Spektakuläres. So gibt es Quests, in denen Ihr einfach nur einen Edelstein suchen und von einem Ort zum anderen bringen müsst, was auch nervig werden kann, wenn Ihr dafür immer durch ganz Eos laufen müsst. Aber das ist ja kein Neuland für den eingefleischten Spieler von RPGs.
Dann gäbe es noch die Jagdaufträge, wo man anmerken muss, dass Ihr nur einen zurzeit machen könnt. Das bedeutet, dass wenn Ihr einen Auftrag der Stufe zehn angenommen habt und dann im nächsten Gebiet wieder einen mit höhere Stufe kriegt. So könnt Ihr diesen nicht annehmen, es sei denn es stört euch nicht den vorherigen Quest verloren zu haben. Es empfiehlt sich also einmal die gesamte Gegend nach diesen Jagdaufträgen abzuchecken und sich dann den am besten geeignetsten auszusuchen. Das ganze System erscheint einem doch überarbeitungswürdig. Auch von seinen Freunden kann man Nebenmissionen annehmen. So erhaltet Ihr zum Beispiel Aufträge, wie das Fotografieren der beliebten Chocobos oder Ihr müsst beim Aufbereiten des Frühstücks helfen. Ziemlich sinnloser, aber sehr amüsanter Quest, da er wie ein Minispiel designt ist. Sogar für die Katzenliebhaber unter uns gibt es den perfekten Auftrag. Da müsst Ihr nämlich für eine hungrige Katze einen Fisch angeln.
Let’s get ready to rumble!
Okay, aber das könnte länger dauern. Denn mit dem neuen Kampfsystem haben wir nicht nur den markantesten Unterschied zu den vorherigen Final Fantasy-Teilen ausfindig gemacht, sondern auch mitunter die größte Hürde des Spiels. Erfahrungsgemäß braucht man nämlich schon eine gewisse Zeit sich an die Steuerung zu gewöhnen und das trotz Tutorials. Daher empfiehlt es sich das Spiel zuerst einmal auf leicht zu spielen, bis man die Steuerung wenigstens halbwegs beherrscht.
Die Gewöhnungssache von einem Kampfsystem trägt sogar den schicken Namen Active Cross Battle (AXB). Das heißt, dass die Kämpfe ohne Übergang beginnen und enden können, und somit auch jederzeit und überall stattfinden können. Sichtung und Provokation der Gegner vor den Kämpfen ist dem Spieler durchaus möglich und gestattet. Das Ignorieren der Gegner kann auch durchaus praktisch sein. Wie man also schon vielleicht gemerkt hat, gibt es keine rundenbasierten Kämpfe wie gewohnt. Bevor ein Kampf beginnt, erscheint ein roter Balken auf dem Bildschirm, der größer wird, je auffälliger sich der Spieler verhält. So sollte man sich nicht verstecken und auf den Gegner zu laufen, damit der Kampf auch eingeleitet wird. Die Informationen zum Ausgang des Kampfes, wie unter anderem Kampfdauer und die verdienten Erfahrungspunkte, werden am Ende eingeblendet. Außerdem beeinflussen die Tageszeiten und das Wetter die Kämpfe.
Die gewonnen EXP können erst nach dem Rasten aufgerechnet werden und das gilt auch für den Aufstieg von Stufen. Bei einer Rast wird zudem der Spielstand gesichert und die Tageszeit ändert sich.
Gegner können zwar anvisiert werden, aber ohne stimmenden Kamerawinkel kann auch das ziemlich nervenaufreibend werden. Angriffe werden durch das Drücken der Tasten eingeleitet und hintereinander ausgeführt. Zusätzlich können mit Hilfe von Fähigkeiten, oder auch Techs, verschiedene Taktiken umgesetzt werden. Die Techs beziehen sich immer auf die ausgerüsteten Waffen, welche je nach Anordnung im Inventar auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden können. So zum Beispiel als Brecher beim ersten Angriff oder Finale bei einer kritischen Attacke. Die schnelle Überwindung von großen Distanzen ist durch den Tachyonensprung möglich. Beim Gedrückthalten der Tasten geschehen Verteidigung und Ausweichen wie von selbst.
Jedoch kann man beim AXB auf keinen Fall bemängeln, dass es die Moves nicht cool aussehen lassen würde. Wenn auch zu einem höheren Preis als einem lieb ist. Schließlich muss man sich nicht nur an die Steuerung gewöhnen, sondern auch sehr schnelle Kameraschwenker in Kauf nehmen, was lästig wird bei mehreren Gegnern.
Mein Fazit zu Final Fantasy XV
Hat Final Fantasy XV meine Erwartungen erfüllt? Ja und nein. Wird Final Fantasy XV eure Erwartungen erfüllen? Das könnt nur Ihr selbst rausfinden. Ja, das Spiel weist einige Schwächen auf. Das Reisesystem ist anstrengend, das AXB extrem gewöhnungsbedürftig, sich nur mit Nebenquests über Wasser halten zu können ist schwieriger als so mancher Bosskampf und ich könnte ewig weiter nörgeln.
Punkt ist: Die löchrige Story berührt in den richtigen Momenten, die riesige Erkundungstour macht Freude und das Spiel hat einen enormen Wiederspielfaktor. Persönlich empfand ich es auch als ziemlich erfrischend mal eine Bromance statt Romance als Dreh- und Angelpunkt der Story zu haben. Außerdem ist das Spiel optisch schön anzusehen mit einer für die Reihe typischen Liebe fürs Detail. So ist die Grafik rein technisch sehr gut, wenn man von den Texturen absieht, und auch das Art und Monsterdesign wird euch beeindrucken. Besonders schön anzusehen ist die an Venedig angelehnte Wasserstadt Altissia. Optisch dürfte sie eine der beeindruckendsten Städte im RPG-Universum sein.
Damit hat es mich überzeugt, auch wenn es noch lange nicht mein Lieblingsteil dieser Reihe sein wird.
Final Fantasy XV ist seit dem 29. November für die PlayStation 4 und für die Xbox One ab ca. 59 € erhältlich.
Pro
|
Contra
|
---|---|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|