Mit dem IBM Eagle ist dem gleichnamigen IT-Unternehmen erneut ein sprichwörtlicher Quantensprung gelungen. Schließlich handelt es sich um den ersten Quantencomputer, welcher eine Zahl von über 100 Quantum-Bits (Qubits) vorweisen kann. Sollte dir diese Größe genauso unbekannt sein wie mir, habe ich eine kleine Veranschaulichung parat. Der IBM Eagle verfügt über so viele Qubits, dass er mehr Zustände herstellen kann als es Atome in der gesamten Menschheit gibt. Mit der Leistung eines klassischen Computer hat das wirklich nichts mehr zu tun.
IBMs neueste Generation
Na klar, der Beiname Eagle (dt.: Adler) mag etwas patriotisch für ein ausgerechnet US-amerikanisches Unternehmen wie IBM klingen. Lässt man diesen hochgestochenen Namen allerdings mal außen vor, kann man hier wirklich nur Respekt zollen, wenn es um die neueste Generation von IBMs Quantencomputer geht. Nun gibt das Unternehmen offiziell bekannt, dass man den Probestatus verlassen hat und den Eagle endlich in einen lauffähigen Zustand überführen konnte. Vor allem der direkte Vergleich zum Vorgänger macht deutlich, dass IBM hier nicht einen einfachen Nachfolger entwickelt hat. Zu Recht muss man von einer neuen Generation sprechen.
Während der im Jahr 2020 aktive Quantencomputer namens Hummingbird „gerade einmal“ 65 Qubits erreichte, schafft es der Eagle auf 127 Qubits. Das ist nicht nur für IBM selbst, sondern für die gesamte Wissenschaft eine glorreiche Leistungssteigerung. Schließlich konnte noch kein anderer Quantencomputer überhaupt einen Wert von 100 Qbits erreichen. Das Erstlingswerk der Eagle-Generation weist damit eine so hohe Rechenleistung auf, dass er von anderen Computern nicht einmal mehr simuliert werden kann. Dies betrifft nicht nur klassische Consumer-PCs, sondern auch rasend schnelle Supercomputer.
Am Ende der Vorstellungskraft
Mit seiner Rechenleistung von 127 Qubits ist es dem Eagle möglich, Unvorstellbares zu leisten. Wie eingangs erwähnt, reichen diese bereits aus, um mehr Zustände erschaffen zu können als es Atome in allen menschlichen Lebewesen auf der Welt zusammengerechnet gibt. Doch das ist erst der Anfang, wenn es nach IBM geht. So soll im nächsten Jahre bereits die nächste Generation des hauseigenen Quantencomputers folgen. Die auf den Namen Osprey hörende Generation soll die Rechenleistung ihres Vorgängers noch einmal mehr als verdoppeln. Durch die komplexe Verzahnung von Qubits kann man hier aber nicht von einer bloßen Verdopplung sprechen. Die Leistung steigt vielmehr exponentiell an. Was das in Zukunft bedeuten soll? IBM spricht davon, dass die Generation Osprey mehr Zustände abbilden können soll als es Atome in unserem gesamten Universum gibt. Möglicherweise schafft der Mensch hier gerade das erste Stück Technik, bei dem schlichtweg die Vorstellungskraft des Möglichen abhandenkommt.
Klassische Prozessoren als Vorbild
Ein Blick auf Quantencomputer im Allgemeinen und die Premiere des IBM Eagle im Besonderen lassen uns „normale“ Endverbraucher stets erstaunt zurück. Das ist auch zu Recht der Fall. Schließlich handelt es sich hierbei um schlichtweg unvorstellbare Rechenleistungen. Doch so futuristisch das alles klingen mag, so simpel scheint die Inspirationsquelle von IBM gewesen zu sein. So spricht das Unternehmen davon, dass man sich bei der Entwicklung vom typischen Aufbau gängiger Prozessoren habe inspirieren lassen. Im Detail sieht das wie folgt aus.
Herzstück bei jeder CPU ist die sogenannte „Logik“. Diese setzt sich aus Milliarden von Transistoren zusammen, welche durch diverse Schichten hochwertigen Metalls miteinander verbunden werden. Alles zusammen sitzt auf einem Chip aus Silizium. Beim Eagle sieht dies ganz ähnlich aus. Allerdings sitzen anstelle der Transistoren in diesem Fall Qbits auf einer eigenen Ebene. Unabhängig von der „Qbits-Ebene“ arbeitet die Mikrowellenschalung auf einer ganz anderen Ebene. Bislang setzte IBM auf nur eine Ebene.
Wirft man einen Blick auf die Anordnung der Qbits, bietet sich schnell ein Vergleich zur Tierwelt an. Schließlich positioniert IBM diese in Form eines Wabenmusters. Das als „Heavy-Hex-Topologie“ bezeichnete Muster soll natürlich nicht nur cool aussehen, sondern bringt obendrein einen bedeutsamen praktischen Nutzen mit sich. IBM spricht davon, dass im Gegensatz zu der vormaligen Anordnung in Dreiecken oder Vierecken eine deutlich geringere Fehlergefahr besteht. Im Endeffekt soll dies abermals für mehr Leistung sorgen.
Doch IBM hat nicht an jeder Stelle des Eagle versucht, das Rad neu zu erfinden. So läuft beispielsweise die Ansteuerung noch in etwa so ab wie beim Hummbingbird. Durch die übermäßige Erhöhung der Qubit-Anzahl setzt IBM beim Eagle jedoch auf gebündeltes Auslesemultiplexing. Ziel dieser Maßnahme war es, die Anzahl nötiger Verkabelung und sonstiger Elektronik auf ein Minimum zu reduzieren. Spätestens beim Nachfolger wird IBM froh sein, diese Lösung gefunden zu haben.