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Exklusivinterview mit eSports-Giganten ESL Teil 2 von 2

Über CS:GO in Deutschland und den Konkurrenzkampf zwischen den Gaming-Plattformen

Unser Interview mit der Electronic Sports League bleibt spannend. In diesem zweiten Teil konzentrieren wir uns auf den Bereich CS:GO in Deutschland. Wir stellen Fragen über das Negativbild der „deutschen Szene“, den Rückstand deutscher Teams im internationalen Vergleich, die Zusammenarbeit zwischen ESEA und ESL und die Zukunft von ESL Play.

Aus erster Hand

Niemand könnte unsere Fragen besser beantworten als Christoph Kohlhaas, der für die deutsche Meisterschaft zuständige Produkt-Manager der ESL. Wir stellen Fragen über die Entwicklung des „eSports“, die Förderung des deutschen Nachwuchs‘ im Bereich CS:GO und die Entwicklung in den nächsten Jahren. Das Ergebnis ist ein sehr sympathisches und spannendes Gespräch, das wir für euch zusammengestellt haben.

In dem ersten Teil ging es um das persönliche Verhältnis zum Spiel; der Frage, was „zocken“ mit Sport zu tun hat; die Entwicklung des eSports in der deutschen Gesellschaft; den Stellenwert der gamescom und die Auslegung der ESL gehen.

Nach der Internationalisierung von Mousesports gibt es kein deutsches Team mehr in der Nähe der Top 10. Woran liegt es, wenn wir BIG kürzlich als Ausnahme nehmen, dass wir im internationalen Vergleich so schlecht abschneiden?

Schlecht? Ich würde es nicht als schlecht definieren. Das ist sehr hart. Ich denke, dass die deutsche Community und die deutschen CS-Teams sehr sehr gut platziert sind, auch international. Also nehmen wir Alternate aTTax zum Beispiel. Man muss das Ganze eben auch ein stückweit reflektieren auf die Bedeutung von Counter-Strike auf die jeweilige Nation. Schauen wir uns die nordische Region in Europa an, die hat viele tolle Spieler, die auch einen Platz in großen internationalen Teams finden, die relativ frei über Spieler entscheiden.

Du hast eben BIG erwähnt, die ja lang gehadert haben, ob sie ihr komplett deutsches Lineup aufgeben sollen oder nicht. Da hast du schon den ersten Unterschied. Du hast eine stark nordamerikanisch geprägte Struktur bei manchen Teams, die definitiv auch noch ihren Teil dazutut. Ich glaube, dass der deutsche Markt – und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich ja im Endeffekt für die ESL-Meisterschaft verantwortlich bin, – definitiv das Potential hat, auch starke Teams und Spieler hervorzubringen. Das zeigt sich über den Werdegang von Spielern, die aus einem ESL-Meisterschaftsteam bei einem internationalen Lineup und Team landen und dann auch zum Beispiel Majors oder Minors spielen. Du hast aber auch Teams, die sich einfach peu à peu entwickeln wie aTTax, die aber auch schon auf Turnieren teilgenommen haben in Russland und Weißrussland. Du hast Sprout die natürlich aus alten Hasen bestehen, sich auch entwickeln und jetzt wieder aufs Minor fahren und sich für die StarLadder qualifiziert haben.

Ich würde gar nicht sagen, dass es so düster aussieht. Man muss das Ganze relativieren und auch mal ehrlich zu sich selbst sein. Wir waren in CS 1.6 definitiv mit die stärkste CS Nation der Welt und in CS:Source haben wir den Anschluss verloren. Da haben viele aufgehört, sind älter geworden und hatten keine Zeit mehr dafür. Damals war die Plattform eben noch nicht wie heute. Ich würde nicht sagen, dass wir sehr hinterher sind, aber wir brauchen einfach noch ein Stück Zeit. Ich glaube auf jeden Fall, dass das wiederkommen wird, dass wir starke deutsche Spieler in internationalen Lineups sehen werden.

Wie fördert ihr kleinere (schlechtere) Teams und Casual Gamer?

Die Definition wer ist gut und wer ist nicht gut, das erlauben wir uns sowieso nicht als ESL, aber das wird ein Stück weit durch das Ranking bestimmt. Zur Förderung: wir bieten auf ESL-Play und auf ESEA natürlich speziell für Counter-Strike eine Vielzahl von Cups und Tournaments sowie Plattformen an, wo man auch mal mit Freunden zusammenspielen kann. Nicht zuletzt ist es so, dass wir versuchen, einen Bereich zu fördern, der ja nicht so griffig ist. Also grade dieser Casual-Bereich, da könnte ich jetzt nicht sagen, dass wir jetzt die ESL- Academy aufmachen und es würden tausend Spieler auf einmal da mitmachen und wir finden dann Deutschlands beste Spieler oder sowas. Das wäre super aber so einfach funktioniert’s leider nicht. Wir versuchen, Plattformen anzubieten, auf denen sich Spieler entwickeln können. Da wäre zum Beispiel, um bei Counter-Strike zu bleiben, ESEA. Es gibt natürlich durchaus auch noch Möglichkeiten „normal“ zu zocken, aber ich denke schon, dass viele irgendwann dann diesen Schritt gehen und sagen „Ok, wir sind kein Team in Sinne von BIG, Alternate oder ESG, aber wir passen zusammen und das funktioniert und wir nehmen erstmal an kleineren Turnieren teil“. In dem Moment, in dem sie in die zweite Division kommen, also diesen Sprung vom Casual zum Amateur geschafft haben, versuchen wir das zum Beispiel so hinzukriegen, dass wir sie platzieren, also ihnen Coverage anbieten. Das ist zum Beispiel in der zweiten Division mit Streams, das ist die Webseite, das ist das Anbieten von Workshops, vielleicht auch ein stückweit das „Zwingen“ zum Spielen. Wir zwingen ja die zweite Division dasselbe Rulebook zu nutzen wie die erste Division. Wenn sie dann in die erste Division kommen, sind sie schon deutlich besser vorbereitet, als das noch vor ein bis anderthalb Jahren der Fall war. Da gab es die Strukturen alle noch nicht, es gab Spieler, die mit dem ganzen bürokratischen Aufwand mit Teamsheets und anderen Regeln überfordert waren.

Da haben wir schon ein stückweit investiert. Wir konzipieren die zweite Division wie eine Nachwuchsliga. Aus diesem Spielerpool können sich Teams der ersten Division bedienen, Kooperationen herstellen oder auch neue Teams gründen (und anders herum). So wird eine gewisse Dynamik kreiert. Es ist schon so weit, dass die Struktur steht, wir das anbieten und sich die Teams hierdurch platzieren können – sich zeigen und auch behaupten können.

Die “deutsche Szene” hat sich in CS:GO einen Ruf aufgebaut: häufig hört man, Deutsche spielen schlecht, sind arrogant und wissen immer alles besser – stimmt das?

(lacht) Pistole auf die Brust: Nein. Auch wenn ich da nur für die ESL-Meisterschaft sprechen kann, da ist die Zusammenarbeit und auch das Feedback überwiegend positiv und konstruktiv, wenn es beispielsweise Diskussionen gibt. Man muss das Ganze natürlich auch wieder von der anderen Seite betrachten. Die deutsche Community ist sehr genau. Sie beobachtet, sie analysiert und bildet sich eine eigene Meinung, was ich – um ehrlich zu sein – super finde. Da kann es natürlich passieren, dass gewisse Fälle toxisch wirken, aber das ist für mich eigentlich eine positive Eigenschaft. Die Frage ist, wie man damit umgeht.

Als ich die Meisterschaft vor einem Jahr übernommen habe, war die Stimmung nicht sonderlich gut. Wir haben daran mit Workshops gearbeitet, wir haben die Teams eingeladen und versucht, Kontakt zu ihnen aufzubauen. Das ist uns gelungen und uns wichtig gewesen, um zu verstehen, wie die deutsche Community Counter-Strike sieht, wo sie damit hin möchte und ich glaube, dass das in anderen Staaten oder andere Kontinenten so nicht unbedingt stattfindet. -Oder aber es ist super dynamisch und alles ist total Friede, Freude, Eierkuchen.

Bei uns in Deutschland ist es eben so, dass wir schauen, wo können und wo wollen wir mit Counter-Strike hin. 99damage mit Freaks4u ist ja auch ein starker Reiter hier in Deutschland, muss man ja ganz klar sagen. Man muss schauen, dass ein Austausch stattfindet. Ich glaube im Endeffekt kommt es darauf an, wie man mit der Kritik, die wir ja auch bekommen, umgeht, um zu schauen, was man verbessern kann.

Was viele nicht wissen, ESEA und ESL gehören beide zu Turtle Entertainment. Gibt es Schnittstellen zwischen den Plattformen, wie sieht die Zusammenarbeit aus?

Es ist natürlich der Fall, dass die verschiedenen Departments miteinander reden, also zum Beispiel ESEA bei der Meisterschaft. Wir haben da Ansprechpartner wie unsere Ligaleitung, also League-Operations, die direkt mit ESEA kommuniziert. Wir haben dort einen schnellen Zugriff, falls zum Beispiel ein Server Probleme macht, damit wir das innerhalb von wenigen Minuten klären können. Es gibt auch die Produktschnittstelle, also die Produktmanager, die miteinander sprechen und schauen, wo man das Ganze miteinander verbinden kann. Die Mountain Dew League zum Beispiel ist ein wichtiger Partner für die verschiedenen nationalen Championships.

Wir haben kürzlich ja auch die EPEC (ESL PRO European Championship) angekündigt, bei der auch mit ESEA Gespräche stattfinden. Es ist natürlich so, dass wir Schwester-Firmen sind und da ist es unumgänglich, dass man miteinander spricht und schaut, dass Synergieeffekte ausgenutzt werden, sei es Marketing, sei es Online oder eben auch bei Produkten.

Löst ESEA ESL Play ab?

Für Counter-Strike jetzt? Würde ich nicht so unterschreiben. ESL-Play ist eine weltweite Plattform. Man hat ESL-Play in Deutschland aber genauso in Indien oder Tschechien, Spanien usw. und die verschiedenen Local-Offices von ESL nutzen natürlich ESL Play und bringen dort die Spiele auf die Plattform, die sie gerne hätten. Es gibt da unterschiedliche Ansätze, bei denen man z.B. sagt, dass eher ESEA genutzt wird, weil ich dort, um ehrlich zu sein eine höhere Reichweite habe und ich weiß, dass die Counter-Strike-Spieler das lieben und lieber auf ESEA als ESL-Play spielen. -Sei es wegen dem Anticheat oder den Servern.

Ersetzen Nein, parallele Koexistenz ja.

Es gab ja mal ein florierendes Versus in der ESL. Heutzutage findet man über das System keine Gegner mehr, Faceit und ESEA lösen das ab?

Für Counter-Strike sind sie beliebter, ja.

Wie sehen die Bemühungen aus, ESL Play zu fördern? Welche Entwicklung erwartet uns in der Zukunft?

Also für uns ist heutzutage das Kredo von Zero-to-Hero wichtiger als es je wahr. Also dieser Charme des eSports, über die Plattform ESL wirklich alles erreichen zu können, hat für uns einen sehr hohen Stellenwert und deshalb wird auch ESL-Play weiter ausgebaut.

Natürlich gibt es andere Formate wie ESEA oder FACEIT, die da auch entsprechend reinspielen oder andere Strukturen abdecken, wie zum Beispiel ESEA in Nordamerika. Allerdings wird ESL-Play auch weiterhin als Amateur und Grassroot-Plattform existieren und wird auch noch funktionsfreundlicher in den kommenden Jahren werden.

Kann man vielleicht ein Anticheat 2 erwarten?

Es ist in Planung, ja. Man schüttelt halt nicht eben so ein Anticheat raus, muss man ganz klar sagen. Die Ressourcen sind da ein stückweit begrenzt für ESL-Play. Aber wenn sich da was ändern sollte – negativer Art, etwa eine Einstellung, – würde man das mitkriegen. Momentan ist der Plan, dass da weiter dran gearbeitet wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Klarstellung: Die Interviewinhalte sind zum Teil verändert, es gibt Kürzungen und syntaktische sowie grammatikalische Korrekturen. Wir waren bei der Transkription jedoch bestrebt, die Korrektheit und Genauigkeit beizubehalten.

Marlon

Meine Begeisterung für Gaming und meine Neugierde für Hardware führten mich 2015 zu Basic-Tutorials. Neben eigenen Projekten im Bereich CS:GO entwickelte ich Interesse am Verfassen einiger Beiträge für den Blog. Dieser gibt mir fortan eine Plattform, um unverfälschte Produkttests und News über für mich ansprechende Themen zu verfassen. Ich gebe gerne Hilfestellungen und entwickle eigene Rezensionen.

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