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Tibet: Staudamm wird mit 3D-Drucken und Robotern gebaut

Die chinesische Regierung lässt in Tibet einen Staudamm weitgehend ohne menschliche Arbeitskräfte errichten. Zum Einsatz kommen stattdessen 3D-Drucker und KI-gesteuerte Roboter. Technisch betrachtet ist das Projekt damit hochinteressant – politisch gesehen jedoch problematisch.

Yangqu-Damm soll Strom produzieren

Ziel des Bauprojekts ist die Errichtung eines Staudamms mit Wasserkraftwerk, durch welches Strom produziert werden soll. Dieser wiederum soll von Tibet aus über eine 1.500 Kilometer lange Hochspannungsleitung in die Provinz Henan geleitet werden und dort die Energieversorgung für rund 100 Millionen Menschen sicherstellen.

Besonders sind dabei nicht nur die enormen Ausmaße des Projekts, sondern auch die Tatsache, dass nur in geringem Maße auf menschliche Arbeitskräfte zurückgegriffen wird. An ihre Stelle treten riesige 3D-Drucker und weitgehend autonom arbeitende Roboter. So kommen etwa Bagger, Lastwagen und Walzen zum Einsatz, die völlig ohne menschliche Steuerperson auskommen. Die Anforderungen, die an die KI gestellt werden, sind dabei enorm: Materialien müssen identifiziert und korrekt eingeladen, über befahrbare Wege zum passenden Ziel transportiert und dort entladen und schichtweise verbaut werden. Darüber hinaus soll die KI den Bau selbstständig überwachen und auf seine Qualität hin prüfen. Hierzu sollen etwa auch Bodenvibrationen registriert und ausgewertet werden.

Im Kern funktioniert die Baustelle als eine Art großer 3D-Drucker mit zuarbeitender automatisierter Infrastruktur und ist – sofern das Projekt letztlich erfolgreich ist – damit ein Beleg für die enormen technischen Möglichkeiten, die derartige Automatisierungsverfahren mit sich bringen.

Probleme: Jobs fallen weg

Das Projekt kann damit als Blaupause für die weitere Entwicklung autonom arbeitender Technologien betrachtet werden und zeigt sowohl die Möglichkeiten als auch die Probleme der fortschreitenden KI-Nutzung auf. Der hinter dem Projekt stehende Wissenschaftler Liu Tianyun von der Tsinghua-Universität preist den scheinbar humanistischen Impetus: In dem Projekt werde gezeigt, dass Menschen von schwerer, gefährlicher und monotoner Arbeit befreit werden könnten. Was faktisch korrekt ist und unter optimalen gesellschaftlichen Umständen sicher als Fortschritt zu bewerten wäre, ist – insbesondere in der chinesischen Gesellschaft – jedoch durchaus problematisch. Nicht thematisiert werden etwa die sozioökonomischen Folgen für all jene Menschen, die etwa LKW fahren oder Walzen und Bagger bedienen. Vor dem Hintergrund der bereits heute enormen sozioökonomischen Ungleichheit in China – der Gini-Koeffizient, der diese auf einer Skala von 0 bis 1 bemisst, liegt bei ca. 0,47, in Deutschland hingegen bei 0,29 –, einer Arbeitslosenrate von schätzungsweise zehn bis fünfzehn Prozent und unvollkommener bis nicht vorhandener staatlicher Absicherung bei steigenden Lebenshaltungskosten erscheint diese Entwicklung problematisch.

Hinzu kommt die prinzipielle Problematik des Baus eines Kraftwerks in Tibet, das Strom für Henan produzieren soll: Vor dem Hintergrund der Annexion Tibets in den 1950er-Jahren und der darauf folgenden Unterdrückung der tibetischen Strukturen erscheint imperialistisch.

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Simon Lüthje

Ich bin der Gründer dieses Blogs und interessiere mich für alles was mit Technik zu tun hat, bin jedoch auch dem Zocken nicht abgeneigt. Geboren wurde ich in Hamburg, wohne nun jedoch in Bad Segeberg.

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