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Ukrainekrieg: Viele russische IT-Kräfte treten die Flucht an

Der Ukrainekrieg dürfte laut Expertenmeinung zur größten Flüchtlingsbewegung seit dem zweiten Weltkrieg führen. Dabei sind es nicht nur Ukrainer, die ihre Heimat verlassen. Auch viele andersdenkende Russen, die den Plan von Präsident Wladimir Putin keineswegs mittragen wollen, verlassen Russland. Dabei sind es insbesondere auch IT-Kräfte, die dem flächenmäßig größten Land der Erde den Rücken kehren. Woran liegt das?

50.000 IT-Kräfte flohen seit Kriegsbeginn

Es ist nicht nur das bloße Unverständnis für den Angriffskrieg, den Putin gegen die Ukraine in die Wege geleitet hat. Bei vielen IT-Fachkräften sind es auch schlichtweg existenzielle Gründe, die sie in die Flucht treiben. Schließlich fällt mit den umfangreichen Sanktionen des Westens für einen Großteil der Fachkräfte auch schlicht die Arbeitsgrundlage weg. So schreibt der Direktor der RAEC, Sergey Plugotarenko, im Rahmen eines Artikels von Anfang der Woche, dass durch

„beispiellose Sanktionen und den Weggang von IT-Giganten und westlichen Plattformen“

für viele IT-Kräfte schlichtweg keine Arbeitsgrundlage mehr besteht. Sicherlich dürften hinter der Flucht noch andere Ursachen stecken. Da wäre zum einen die Angst vor dem, was noch kommen könnte. Viele vergleichen Russlands Führung derzeit mit derer aus dem dritten Reich. Sollten sich hier tatsächlich Parallelen auftun, müssten Andersdenkende fürchten, verfolgt zu werden. Obendrein verdichten sich Hinweise, dass auch IT-Experten am Krieg beteiligt werden könnten. Ihnen würde man zwar keine Waffe in die Hand drücken, sie müssten allerdings Cyberattacken abwehren oder gar durchführen.

Branchenverband gibt Schätzung ab

In der gegenwärtigen Gemengelage ist es schwer, hieb- und stichfeste Informationen zu sammeln. Dies gilt insbesondere auch für das Fluchtverhalten vieler Russen. Dementsprechend ist es auch gar nicht so einfach, realistische Zahlen hierfür anzugeben. Die Russian Association of Electronic Communications (RAEC) hat es trotzdem versucht. Dabei ist sie ein Organ, das wohl kaum näher an der Quelle sitzen könnte. Schließlich setzt sich der Verband der IT-Branche aus insgesamt 150 IT-Unternehmen zusammen, die in Russland arbeiten. Dazu zählen unter anderem auch namhafte westliche Konzerne wie Apple und Microsoft, aber eben auch russische Firmen wie beispielsweise Kaspersky. Die Ziele der Fliehenden befinden sich ausschließlich in unmittelbarer Nähe zu Russland. Neben den baltischen Staaten zieht es laut RAEC auch viele in die Türkei oder aber Georgien.

Lassen sich manche noch umstimmen?

Da der Branchenverband selbst noch in Russland tätig ist, scheint er auch auf Regierungslinie zu bleiben. Wirklich kritische Töne zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine kann man den Aussagen zumindest nicht entnehmen. Ganz im Gegenteil. Es wird sogar angedeutet, dass auch ein Stopp der Ausreise oder gar eine Rückkehr der Fachkräfte möglich sein könnte. Die Voraussetzung hierfür liege aber in mehr finanziellen Sicherheiten durch Russland selbst. So schreibt die RAEC:

„Russische Unternehmen konkurrieren um Studenten und junge mobile IT-Spezialisten nicht nur mit anderen russischen Unternehmen, sondern auch mit transnationalen IT-Giganten und Hunderten von Start-ups – wie denen in den Niederlanden, Spanien, Deutschland“

Da erfahrungsgemäß insbesondere die IT-Branche weltweit vernetzt ist, kann man sich kaum vorstellen, dass nicht auch politische Gründe hinter der Flucht vieler Mitarbeiter stehen. Es ist vielmehr alternativlos für die RAEC, nicht über den Krieg als Folge zu sprechen. Schließlich darf über den Ukrainekrieg seit Einführung eines Gesetzes gegen „Fake News“ nur noch als „militärische Spezialoperation“ gesprochen werden. Wer öffentlich etwas anderes tut, muss mit drakonischen Strafen wie einem Gefängnisaufenthalt von bis zu 15 Jahren rechnen. Dennoch sei ein weiteres Arbeiten in Russland laut RAEC möglich.

„Dies bedeutet, dass, um junge talentierte IT-Spezialisten anzuziehen, ein Wertversprechen des russischen Arbeitgebers in Bezug auf Aufgaben, Perspektiven und Vergütung erforderlich ist.“

Noch schwerer trifft es die Ukraine

Natürlich sind die Auswirkungen auf dem Schlachtfeld weit größer. Auch hier leidet die IT-Branche, da viele Mitarbeiter schlichtweg die Flucht antreten. Doch da gegenwärtig ohnehin keine Männer zwischen 18 und 60 Jahren ausreisen dürfen, haben einige Firmen noch ihre Pforten offen gehalten. Insbesondere in Kiev, wo zahlreiche Start-ups ihren Sitz haben, wird solange gearbeitet wie es noch geht. Wir hoffen, dass sie bald wieder ohne Angst vor regelmäßigen Bombensirenen ihrer Arbeit nachgehen können.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

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