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Russische Desinformationskampagne mit gefälschten Webseiten

T-Online.com und Meta haben eine breit angelegte russische Desinformationskampagne aufgedeckt, die zentral mit gefälschten Zeitungswebsites und einem Netzwerk aus Fake-Accounts in sozialen Medien wie Facebook und Instagram arbeitete.

Aufgabe von Sanktionen als Ziel?

Im Rahmen der Desinformationskampagne wurden Webseiten im Design bekannter Zeitungen aufgesetzt. So finden sich etwa Websites, die vorgeben Inhalte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, des Spiegels, der Welt, der Bildzeitung oder des Guardian darzustellen. Die Designs der echten Webseiten wurden dabei täuschend echt imitiert. Die vorgeblichen Zeitungsartikel befassen sich vor allem den gestiegenen Energiepreisen und machen die Sanktionen gegenüber Russland für diese verantwortlich. Gearbeitet wurde dabei sowohl mit erfundenen Katastrophenmeldungen als auch mit scheinbar rein informativen Beiträgen zur Teuerung. Auf einer gefälschten Spiegelseite findet sich etwa ein Beitrag über eine Gasexplosion in einer Bremer Schule, die durch Fehleinstellungen beim Gassparen ausgelöst worden sein soll, tatsächlich jedoch nie stattgefunden hat. Der Tenor der Artikel ist dabei eindeutig: Würden die Sanktionen gegen Russland aufgegeben, sänken die Preise in Deutschland, was das Leben angenehmer und sicherer mache. Russland zielt folglich auf eine Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Deutschland sowie in den anderen Zielgebieten der Kampagne: Sie soll prorussisch beeinflusst und die politische Ausrichtung des Westens damit destabilisiert werden.

Echokammer in sozialen Medien

Der Entwurf der gefälschten Zeitungsseiten und das Verfassen der Artikel genügt dafür jedoch nicht. Eine zentrale Rolle nahmen auch die sozialen Medien ein, über welche die Artikel verbreitet wurden. Meta berichtet etwa davon, 1.633 Facebookprofile, 703 Facebookseiten und eine Facebookgruppe sowie 29 Instagramprofile gelöscht zu haben, die an der Verbreitung der Desinformationen beteiligt waren. Beobachtet werden konnte hier laut Meta eine Rollenverteilung der einzelnen Profile und Seiten: Einige posteten primär Beiträge, während andere primär für Kommentare, Likes und Shares ebendieser Beiträge sorgten und sie darüber hinaus auf Drittseiten verbreiteten. Durch das gegenseitige Kommentieren, Teilen und Liken wurde dabei eine wechselseitige Verstärkung der Reichweite sowie eine Verschränkung der jeweiligen Followerschaft erreicht. Insgesamt kann damit vom Versuch des Baus einer Echokammer bzw. Filterblase gesprochen werden: Wer auf eines der Profile stieß, konnte über dieses leicht Zugang zu einem ganzen Netz ebensolcher finden. Der bekannte Filterblasenmechanismus sozialer Netzwerke, der in der Vergangenheit immer wieder kritisiert wurde, wurde hier also geschickt ausgenutzt. Skurril mutet in diesem Zusammenhang lediglich der Umstand an, dass außerordentlich viele der Fake-Accounts Netflix als Arbeitgeber genannt haben – warum dem so ist, lässt sich kaum ermitteln.

Die Kampagne zeigt einmal mehr, dass Kriege heute nicht ausschließlich in der analogen Welt geführt werden, sondern zunehmend digitale Komponenten aufweisen. Russland hatte zur etwa zahlreiche Internetseiten, darunter die echte Seite der Zeitung Die Welt, sperren lassen und zahlreiche Geldstrafen gegen große westliche Internetunternehmen verhängt, da diese sich geweigert hatten, regimekritische Beiträge zu sperren.

Prüfung von (angeblichen) Zeitungsbeiträgen

Angesichts der gezielten Desinformation von russischer Seite und des qualitativ hochwertigen Nachbaus von Zeitungswebsites stellt sich die Frage, wie echte von gefälschten Medienseiten unterschieden werden können. Was etwa ist ein gutes Kriterium, um die Seite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von einem russischen Klon, der sich als ebendiese ausgibt, zu unterscheiden? Beobachtet werden konnte – wie bereits erwähnt – eine annährend perfekte Nachbildung des Designs inklusive interner Verlinkungsstrukturen, die auf die echte FAZ-Website führten. Auffällig ist jedoch der sprachliche Duktus der gefälschten Artikel: Sie sind vielfach in besonders leichter Sprache, mit kurzen Sätzen und wenig elaborierter Wortwahl verfasst – und unterscheiden sich damit von den echten FAZ-Artikeln. Hinzu kommt eine hohe Fehlerdichte. So heißt es in einem Fakebeitrag etwa, „[v]iele Dinge kosten heute erheblich teurer als früher“. Auch haarsträubende Erklärungen, die leicht als falsch identifiziert werden können, finden sich: Dass der Ölpreis schneller steige als der von Luxusgütern wie Autos wird etwa damit erklärt, dass es einfacher sei, „ein neues Preisschild am Öl anzubringen, als einen Autokatalog neu zu drucken“ – was weit entfernt von den tatsächlichen Mechanismen der Inflation und ihrer differenten Ausprägung in unterschiedlichen Warengruppen ist.

Doch auch ohne inhaltliche Prüfung der Artikel lässt sich vergleichsweise leicht herausfinden, ob sie gefälscht sind. So bieten soziale Medien etwa Verifikationsprozesse an, im Rahmen derer nachgewiesen wird, dass es sich bei Facebookseiten tatsächlich um solche der genannten Medien handelt. Fehlt bei einer vorgeblichen FAZ- oder Spiegelseite auf Facebook eine Verifikation, ist Vorsicht geboten. Hinzu kommt die Prüfung der jeweiligen Quelle: Wurde der Artikel durch ein Privatprofil in einer Kommentarspalte geteilt oder direkt von der jeweiligen Redaktion auf Facebook eingestellt? Welche Inhalte und Informationen finden sich auf dem Privatprofil?

Das wohl zentralste Kriterium ist jedoch die Domain der Website. Die gewählten Domains tragen zwar die Namen der Zeitungen und sind an die echten Domains angelehnt, unterscheiden sich jedoch notwendig von diesen, da eine Domain jeweils ein einziges Mal vergeben wird. Während die echte Seite der FAZ beispielsweise unter faz.de zu finden ist, erschien der Fakebeitrag unter der Domain faz.ltd. Welche Domain zu welcher Zeitung gehört lässt sich dabei leicht prüfen: Eine Googlesuche und ein Blick in den jeweiligen Wikipediaeintrag helfen weiter.

Simon Lüthje

Ich bin der Gründer dieses Blogs und interessiere mich für alles was mit Technik zu tun hat, bin jedoch auch dem Zocken nicht abgeneigt. Geboren wurde ich in Hamburg, wohne nun jedoch in Bad Segeberg.

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