Tropische Hitze, Wodka und deftige Sprüche – so oder so ähnlich lässt sich das Rundentaktik-Spiel Jagged Alliance: Rage! von HandyGames zusammenfassen. Als Söldner-Trupp schlagt ihr euch durch Levelareale und greift die Schergen eines Drogenbarons aus dem Hinterhalt an. Warum das trotz einiger Schwächen richtig Spaß macht, zeigt unser Test.
Anders als der Namenszusatz Rage! vermuten lässt, geht es bei Jagged Alliance recht gemächlich zu. Ohne Zeitdruck plant ihr das Vorgehen eurer Söldner. Ein Zug kann das lautlose Ausschalten eines Gegners aus dem Hinterhalt oder auch der Granat-Wurf auf eine Feindesansammlung sein. Wenn ihr hingegen zum Schießeisen greift, werden euch die Trefferzonen des KI-Widersachers angezeigt. Wer bereits bei Fallout mit dem V. A. T. S.-System hantiert hat, dürfte die Mechanik bekannt vorkommen.
Nichts verpasst!
Um euch an die Spielmechanik heranzuführen, startet die Kampagne des Spiels mit einem Tutorial-Abschnitt. Dieser ist wenig inspirierend gestaltet und lässt euch eine generische Kanalisation erkunden. Sofern ihr bereits einen anderen Genrevertreter gezockt habt, könnt ihr den Tutorialpart getrost überspringen und direkt in die Kampagne einsteigen.
Bevor ihr allerdings dem Drogenboss das Leben schwer macht, stellt ihr zunächst euer Söldner-Duo zusammen. Dabei habt ihr die Wahl zwischen sechs Charakteren. Während etwa Shadow das lautlose Ausschalten von Gegner wie kein anderer beherrscht, greift Ivan lieber zu schweren Geschützen. Um den Protagonisten mehr Tiefe zu verleihen, haben die Entwickler zusätzlich Marotten eingebaut. Wenn die Spielfigur in einer Mission also plötzlich eine Panik Attacke erleidet, hängt dies vermutlich mit eurer Charakterwahl zusammen.
Wer auf ähnlich viel Tiefgang bei der Story hofft, wird enttäuscht. Die meisten Aufträge bestehen darin ein Areal von Feinden zu säubern und anschließend den Levelausgang zu erreichen. Kurze Zwischensequenzen in Ingame-Grafik treiben die Handlung voran. Insgesamt hätten die Entwickler mehr Energie in die Inszenierung und den Plot investieren können. Positiv ist zu werten, dass sich das Spiel selbst nicht allzu ernst nimmt und die klischeebeladenen Dialoge mit dem nötigen Augenzwinkern versehen sind.
Taktieren zahlt sich aus
Bei der Spielmechanik von Jagged Alliance: Rage! kommen Taktiker auf ihre Kosten. Zu Beginn einer Mission verschafft ihr euch zunächst einen Überblick und schaut wo sich die Gegner befinden. Bei unserem ersten Zug schicken wir den Söldner ins Dickicht, damit er dort den Feinden auflauern kann. Der zweite Kämpfer soll sich hinter einer Kiste verbarrikadieren.
Ein KI-Recke hat die Aktion bemerkt und eröffnet das Feuer auf unsere Barrikade. Ein kurzer Moment der Sorge. Allerdings völlig unbegründet – keiner der Schüsse trifft uns. Durch die Kisten sind wir unverwundbar. Wir nutzen die Gunst der Stunde und zielen aus unserer Deckung heraus auf den Gegner. Leider verfehlen einige Schüsse das Ziel. Dennoch: Der Lebensbalken des Feindes ist am Minimum. Wir begnügen uns mit dem Gedanken, dass wir ihn in der nächsten Runde ausschalten. Doch das ist nicht nötig: Der Feind winselt um Gnade und stellt jegliche Kampfhandlung ein. Mit kleinen Momenten wie diesen schafft es das Spiel immer wieder von sich zu begeistern. Ähnlich viel Spaß macht es zuzusehen, wenn die Spielfigur aus einer sicheren Deckung den Feind lautlos tötet. Die KI ist allerdings nicht ganz ohne Schwächen. So haben die Gegner in einigen Runden ihre Aussetzer. Sie stellen sich dann etwa grundlos mitten in die Schussbahn. Wenn es dann an das Looten der Leichen geht, schränkt die etwas fummelige Inventarverwaltung den Spielfluss ein.
Mehr Atmo, weniger High-End
Eine Highend-Grafik bekommt ihr bei Jagged Alliance: Rage! nicht geboten. Allerdings wird die Atmosphäre über die Optik durchaus stimmungsvoll rübergebracht. Bei einem Rundentaktik-Game ist es allerdings ohnehin wichtiger die Übersicht zu behalten. An die Kamera mussten wir uns zwar erstmal gewöhnen, nach einer gewissen Zeit ist sie aber durchaus brauchbar.
Kurzer Break
Gut gefallen hat uns, dass es zwischen den Missionen eine Übersichtskarte gibt, auf der ihr eure Söldner über eine Insel bewegt. Nach einem anstrengenden Auftrag genau die richtige Verschnaufpause.
Auf der Karte wählt ihr wohin der Trupp als nächstes aufbrechen soll. Dabei müsst ihr abwägen, ob ihr zur nächsten Mission weiterzieht oder erstmal Rast macht. Durch die Pause wird die Energie der Söldner regeneriert. Nachteil dabei: Eure Feinde sind ebenfalls auf der Übersichtskarte unterwegs und greifen euch an, sobald sie auf dasselbe Feld ziehen wie ihr.
Fazit zu Jagged Alliance: Rage!
Ist Jagged Alliance: Rage! das Spiel des Jahres 2018? Nein. Macht es dennoch Spaß? Ja! Wenn in einer perfekten Runde die Taktik voll aufgeht, dann spielt der Titel sein volles Potenzial aus. Chapeau, HandyGames. Da ist es dann auch egal, dass die KI manchmal ihre Zicken hat, die Story nicht mehr als ein Beiwerk und das Inventar mit dem Controller etwas fummelig zu bedienen ist.
Pro
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Contra
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+ Spiel nimmt sich selbst nicht zu ernst | – Story ist nur nettes Beiwerk |
+ Guter Spielfluss + Freiheiten bei der Vorgehensweise + KI mit menschlichen Zügen |
– Temporär KI-Aussetzer |
+ Nach Eingewöhnungsphase gut kontrollierbar | – Inventarverwaltung etwas fummelig – Kameraführung gewöhnungsbedürftig |
+ Setting wird gut eingefangen + Level sind gut lesbar |
– Inszenierung nicht auf Höhe der Zeit |