Spiele für PC & Konsole

„The Sexy Brutale“ im Test – Gefangen in einer morbiden Mordserie

In dem Blockbuster „Und täglich grüßt das Murmeltier“ begab sich Bill Murray ungewollt in eine endlose Zeitschleife und bescherte den Zuschauern während 102 Minuten ein breites Dauergrinsen. Tequila Works hat sich einen ganz ähnlichen Ansatz zu Nutze gemacht und am 12. April 2017 mit „The Sexy Brutale“ an einen Titel mit einem ganz neuen Gameplay gewagt.

„The Sexy Brutale“ präsentiert den Zockern eine raffinierte Mordserie, eingebettet in eine übersinnliche Geschichte und ein kunstvolles Setting. Nun ist es an euch, dem Geheimnis einer düsteren Villa auf den Grund zu gehen und den gesichtslosen Täter zu fassen. Ob die Flucht aus der Endlosschleife gelingt und das innovative Spielkonzept Früchte trägt, erfahrt ihr in unserem Test.

Story: Ein Maskenball, neun Gäste und ein Mörder

In „The Sexy Brutale“ schlüpft ihr in die Rolle von Lafcadio Boone. Wie in jedem Jahr hat der Marquis all seine Freunde zu einem großen Maskenball in das edle Casino-Anwesen „The Sexy Brutale“ geladen. Neun Gäste geben sich die Ehre, die allesamt mit anmutigen Masken ausgestattet sind. Doch die feucht-fröhliche Stimmung soll schnell kippen, denn der Gastgeber scheint wie vom Erdboden verschluckt und das Personal des Casinos hat es auf die einzelnen Gäste abgesehen. Einzig Lafcadio bleibt von der rätselhaften Mordserie verschont.

Stattdessen erlebt er den Tag des Maskenballs immer und immer wieder mitsamt der Gräueltaten des Personals. Nun ist es an ihm, den Mörder ausfindig zu machen und seine Verbrechen in letzter Sekunde zu verhindern. Denn nur wenn ihm das gelingt, wird Lafcadio aus der rätselhaften Zeitschleife befreit.

Gameplay: Deine Maske ist der Schlüssel!

„The Sexy Brutale“ zeigt sich als ausgeklügeltes und originelles Knobelspiel, das vor allem durch viele übersinnliche Elemente zu fesseln weiß. Denn obwohl ein und derselbe Tag sich dauerhaft wiederholt, vermittelt das Game ein unbändiges Gefühl von Freiheit und appelliert in erster Linie an euren detektivischen Instinkt. So schleicht ihr durch das verwinkelte Anwesen und müsst herausfinden, wie die jeweiligen Gäste zu Tode gekommen sind.

Die Besonderheit des Games liegt darin, dass ihr nicht unmittelbar, sondern nur indirekt in das Geschehen eingreifen könnt. So manipuliert ihr die Umgebung in klassischer Point&Click-Manier, spioniert andere Figuren aus, späht durch Schlüssellöcher und prägt euch haargenau den Tagesablauf der einzelnen Akteure ein. Habt ihr ein entscheidendes Indiz gefunden, versetzt ihr die jeweiligen Items so geschickt, dass der geplante Mord unmöglich wird. So verschließt ihr Türen oder präpariert die Mordwaffe klammheimlich mit Platzpatronen.

Während der erste Mord noch recht schnell zu durchschauen ist, steigern sich die einzelnen Hergänge von Mal zu Mal, sodass ihr mitunter sogar einen Weg finden müsst, zwei parallele Morde zu vereiteln.

Bei all euren Vorkehrungen müsst ihr stets unentdeckt bleiben, um nicht als nächstes Opfer auserkoren zu werden. Schafft ihr es beispielsweise nicht, euch im letzten Moment vor den übrigen Gästen zu verstecken, dann stoppt die Zeit und die todbringenden Masken der anderen Charaktere machen Jagd auf euch.

Scheitert eure Flucht, büßt ihr Lebensenergie ein und euer Tag beginnt von vorne. Zwar seid ihr nun um eine wertvolle Info reicher, allerdings gehen alle Gegenstände eures Inventars verloren und ihr müsst diese erneut einsammeln. Wart ihr bei eurer Mission erfolgreich, öffnet sich ein weiteres Areal der Villa und es gilt, den nächsten Gast zu retten.

Doch nicht nur räumlich eröffnen sich euch zunehmend neue Möglichkeiten. So spielen die Masken der einzelnen Figuren eine tragende Rolle, da jede von ihnen dem Träger eine ganz individuelle Fähigkeit schenkt. So verleiht Boones Maske ihm die Möglichkeit, dass er zunächst nicht durch die Villa verfolgt werden kann und beinahe unentdeckt bleibt.

Gelingt es euch, einen Gast zu retten, bekommt ihr automatisch Zugriff auf die magischen Kräfte seiner Maske, die unerlässlich für den weiteren Spielverlauf sind. So könnt ihr beispielsweise Uhren vorspulen, leiseste Unterhaltungen genauestens verstehen, Schlösser aufbrechen oder euch sogar mit Geistern austauschen.

In Sachen Leveldesign hat sich Tequila Works nicht lumpen lassen und hat eine Kulisse geschaffen, die eine ganz besondere Faszination versprüht. Jedes fantasievolle Detail unterstreicht die dichte Atmosphäre einmal mehr und nicht selten stoßt ihr bei eurer Suche auf skurrile Gegenstände, Bücher oder Bilder, die sich gekonnt in die morbide Architektur einfügen.

Wenn auch das Spielkonzept von „The Sexy Brutale“ zweifelsohne für willkommene Unterhaltung sorgt, bleibt es doch vor allem in Sachen Anspruch hinter seinen Erwartungen zurück. Hier wären knackige Rätselpassagen lobenswert gewesen, um vor allem Freunde des Detektivspiels nicht vorzeitig ermüden zu lassen. Viel zu oft springt euch die Lösung quasi ins Gesicht, was einiges an Potenzial verschenkt, das dem Konzept des Games innewohnte.

Balance: Meisterdetektive werden hier schnell ermüden

Wenn auch die Rätsel des Games zwar abwechslungsreich ausfallen und keinem trivialen Schema folgen, bleiben sie jedoch bis zum Schluss mehr als human und sind demnach auch für Neulinge des Genres machbar.

Hier wäre ein optionaler Schwierigkeitsgrad wünschenswert gewesen, um dem Game eine noch komplexere Note zu verleihen und auch Pros vor manche Kopfnuss zu stellen.

Steuerung: Übersichtlich und flüssig

Da „The Sexy Brutale“ sich als typisches Point&Klick-Adventure erweist, das ohne jede Gewalt und Blutvergießen auskommt, fällt auch die Steuerung mehr als unkompliziert aus. So bleiben die unterschiedlichen Tastenbefehle stets übersichtlich und sitzen bereits nach wenigen Spielminuten.

Grafik und Sound: Die fehlende Sprachausgabe macht den Unterschied

Optisch unterstreicht der überzeichnete Comic-Artstyle mitsamt seinen pfiffigen Dialogen das düster-komische Gameplay gekonnt und verleiht dem Spiel stellenweise eine beinahe komische Note. Und wenn auch sich an jeder Ecke niedliche Details finden und der Grafikstil dem Zweck völlig ausreicht, sind doch vor allem die Texturen sehr schwammig und können nicht mit denen vergleichbarer Games mithalten.

Die wirkliche Schwäche besteht jedoch in der fehlenden Sprachausgabe, die dem Spiel sehr viel Lebendigkeit einbüßen lässt und für ungewollt viel Lesestoff sorgt. Dafür fällt der Soundtrack umso atmosphärischer aus und der gelungene Mix aus Jazz und Swing unterstreicht den individuellen Charakter des Games einmal mehr.

Fazit: Ein schauriges Knobel-Adventure mit einer ungewöhnlichen Grundidee und kleinen Schwächen

Mit „The Sexy Brutale“ präsentiert Tequila Works ein schauriges Knobelspiel mit einem innovativen Gameplay und vielen frischen Ansätzen. Nicht nur die Gratwanderung zwischen Krimispiel und Adventure gelingt perfekt, vielmehr lässt die morbide Grundstimmung ein einzigartiges Spielgefühl aufkommen.

Trotz des fehlenden Anspruchs und dem überholten Grafikstil kann die Flucht aus der Zeitschleife dauerhaft unterhalten und lässt Hobbydetektive zu Hochform auflaufen. Und nicht selten haben wir uns dabei erwischt, leicht debil auf den Bildschirm zu grinsen, wenn wir einen raffinierten Mordplan wieder einmal durchkreuzen konnten.

Pro
Contra
Story
80%
+ interessante Grundidee
+ trotz Zeitschleife fügt sich das Puzzle immer weiter zusammen
Gameplay
80%
+ außergewöhnliches Spielprinzip
+ vielfältige Charakterentwicklung
+ gruseliges Setting
+ liebevolle Details
+ geschickte Einbettung verschiedenartiger Rätsel
– zu schnelles Erkunden aller Areale
– geringer Umfang
Balance
70%
+ humane Rätsel   – keine wirklich anspruchsvollen Rätselpassagen
Steuerung
90%
+ übersichtliche Steuerung
Grafik & Sound
70%
+ zweckmässige Grafik
+ stimmungsvoller Sound
– schwammige Texturen
– fehlende Sprachausgabe

Schreibe einen Kommentar

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"