Was Chernobyl VR ist, lässt sich ohne großes Hintergrundwissen aus dem Namen ableiten: eine virtuelle Realität der Gegend um Tschernobyl. Der relativ kleine polnische Entwickler Farm 51 versucht sich mit dem Projekt in einem noch weitgehend innovativen Bereich. Die Stadt selbst hält dagegen schon länger als Videospielkulisse her. Die mystische Geisterwelt ist bereits in anderen Games wie Call of Duty aufgegriffen worden. Viele erinnern sich an das klappernde Riesenrad, quietschende Schaukeln, das leere Schwimmbad oder an zerbröckelnde Plattenbauten aus Beton. All dies kann man mit Chernobyl VR Project erkunden – und zwar so „echt“ wie noch nie.
Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl
… ist eine der gravierendsten Katastrophen unserer Zeit. Der Unfall macht am 26. April 1986 unmissverständlich die von Atomkraftwerken ausgehende Gefahr erkennbar, sie hat das Denken unserer Welt verändert. Der unkontrollierte Leistungsanstieg führte im Reaktor zu einer Explosion, die das unerschütterliche Bild der von Menschen geschaffenen Technologie zerschlug. Verändert hat sich aber insbesondere die Stadt Prypjat, die sofort evakuiert wurde. Die strahlenverseuchte Stadt wird nachfolgend allein ihrem Alterungsprozess überlassen, sie ist bis heute nicht bewohnbar. Die Folgen, insbesondere die Langzeitfolgen, werden niemals genau ausgemessen werden können. In Zahlen bleibt heute eine Sperrzone von 4300 km², hunderttausende Bürger, die ihre Häuser verlassen mussten und eine stark verharmloste Todeszahl von 4000.
Die Praxis
Leider ist die Steuerung von Chernobyl VR Project kompliziert, weil man sich mit dem rechten Analogstick weiterdrehen muss. Auch läuft man nicht vorwärts, sondern „teleportiert“ sich über kleinere Abschnitte durch die Welt, das stört das Erkundungsfeeling. Chernobyl VR ist fotorealistisch und sieht gut aus. Man bekommt auf seinem Weg einen Tour-Guide an die Hand, der einem etwas über die vereinzelten Orte, die man sich aus der Luftperspektive herauspicken kann, erzählt. Auch kann es ein alter Fernseher in der Ecke sein, der einen Kontrast zum Leben vor der Katastrophe herstellt.
Die „Pros“
Chernobyl VR Project ist anders als andere „Games“ auf der Messe. Chernobyl VR möchte nämlich eher eine reelle Erfahrung simulieren als ein Spiel sein. Der „Spieler“ teleportiert sich mithilfe der Virtuellen Realität auf das ukrainische Gelände um Chernobyl. Ganz ohne seinen Körper einer schädlichen Strahlenbelastung auszusetzen, kann man die geisterhafte Stadtwelt erkunden. Man hat keine nachgestellten Spielwelten zu erwarten, sondern vielmehr setzt sich Chernobyl VR aus tausenden Realaufnahmen zusammen, was die Realität auf diese Weise eindrucksvoll abbildet.
Zukunftsweisend
Das Projekt geht neue Wege und zeigt Vorteile von Virtual Reality auch für andere Bereiche auf: Reale Welten zu erkunden und den Facettenreichtum des eigenen Planeten erleben zu können kann auch Spaß machen. Es ergibt sich eine informative Verwendung für Dokumentationen oder neue Lernmethoden. Und wer weiß schon, wie die Schulen von Morgen aussehen? Hiermit können auch eingeschränkte Menschen Ausflüge unternehmen und es können gefährliche Gebiete erkundet werden.
Das Projekt verfolgt eine spannende Idee und daher kann dem Titel eine Pionierstellung zugeschrieben werden. Das Spiel ist plattformübergreifend erhältlich für XBOX, PC, Playstation, Samsung Gear und trotz Einschränkungen auch fürs Smartphone. Das Erkunden der grauen düsteren Welt zieht den Spieler in einen Bann, ob die Technik mit Chernobyl VR Project aber schon ganz ausgereift ist, bezweifle ich.