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Deutsche Telekom drosselt FTTB-Anschlüsse der Konkurrenz bei Vectoring-Störungen

Laut einem kürzlich veröffentlichten Beschluss der Bundesnetzagentur (BNetzA) darf die Deutsche Telekom Glasfaser-Anschlüsse der Konkurrenz drosseln, wenn diese auf der „letzten Meile“ bei Vectoring-Anschlüssen des eigenen Unternehmens zu Störungen führt. Die auf die Infrastruktur der Telekom angewiesene Konkurrenz kritisiert die Entscheidung der BNetzA massiv.

Interferenzen bei Parallelbetrieb

Laut einer Forschungsarbeit des Fraunhofer-Institut für Eingebettete Systeme und Kommunikationstechnik können VDSL und G.Fast zwar theoretisch parallel über dasselbe Kupferkabelbündel betrieben werden, in der Praxis kommt es jedoch trotzdem immer wieder zu Störungen durch Interferenzen beim Parallelbetrieb der beiden Technologien. Verantwortlich dafür ist, dass bei vielen Gebäuden zwar Glasfaserleitungen in den Keller verlegt werden, dann jedoch die Strecke vom Keller bis in die Wohnungen der Anschlussinhaber per G.Fast über die alten Kupferkabel überbrückt werden, um so nicht im gesamten Haus einen kostspieligen Glasfaserausbau durchführen zu müssen. Sollten andere Parteien im selben Haus Vectoring-Anschlüsse nutzen, können diese Anschlüsse dadurch gestört werden, was im Extremfall zu ständigen Verbindungsabbrüchen führen kann. Dies liegt daran, dass sich sowohl G.Fast als auch Vectoring den 40 MHz Frequenz-Bereich beim Parallelbetrieb teilen müssen.

Parallelbetrieb von G.Fast und VDSL (Bild: Fraunhofer-Institut)
Parallelbetrieb von G.Fast und VDSL (Bild: Fraunhofer-Institut)

Die Bundesnetzagentur folgt daher der Forschungsarbeit des Fraunhofer-Instituts, die bei einem Parallelbetrieb eine Anpassung der Frequenzen empfehlen, um so einen störungsfreien Betrieb zu ermöglichen. Vectoring soll in diesem Fall weiter das 40 MHz Frequenzband nutzen, während G.Fast auf das 106 MHz Frequenzband ausweicht. Alternativ könnte auch ein Algorithmus eingesetzt werden, denn das Fraunhofer-Institut gemeinsam mit der Technischen Universität München zur automatischen Ausbalancierung bei gegenseitigen Signalstörungen entwickelt hat. Beide Technologien könnten so dieselbe Frequenz nutzen ohne dabei große Qualitätsverluste hinnehmen zu müssen.

Alternativen Provider-Verband Breko kritisiert BNetzA

Der alternative Provider-Verband Breko hingegen kritisiert die Entscheidung der Regulierungsbehörde als Unding. Der Branchenverband, der viele kleinere Glasfaser-Provider vertritt äußerte sich zum Beschluss wie folgt:

„Der Regulierer räumt mit seiner Entscheidung der Vergangenheit Vorfahrt gegenüber der Zukunft ein“ Stephan Albers

Laut Albers führt die Entscheidung dazu, dass der Glasfaserausbau in Deutschland unattraktiver wird, da bei Problemen die FTTB-Anbieter ihre Leitungen drosseln müssten. Laut Experten bleiben so im schlimmsten Fall von ursprünglichen 1000 MBit/s noch 400 bis maximal 600 MBit/s übrig. Sollten die Glasfaser-Anbieter dieser Regelung nicht zustimmen, wäre es sogar möglich, dass die Telekom den Zugang komplett verwehren könnten.

Um Zuge des Streits musste die Bundesnetzagentur klären, ob der Hauseigentümer die Gewalt über die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) hat oder die Telekom als Betreiber des Kommunikationsnetz höher einzustufen ist. Die Regulierungsbehörde vertritt dabei die Ansicht, dass die Hoheit bei der Telekom liegt. Im Beschluss steht dazu:

„Für die Verpflichtung zur Zugangsgewährung und damit für die Frage, ob Regelungen zur Endleitung im Standardangebotsverfahren getroffen werden dürfen, kommt es nicht darauf an, ob die Betroffene [die Deutsche Telekom] Eigentümerin der Endleitung ist. Zum Zugang verpflichtet ist nach § 21 TKG nicht der Eigentümer, sondern der (marktmächtige) Betreiber des Telekommunikationsnetzes, also derjenige, der die Funktionsherrschaft über das Netz besitzt.“

Der Breko argumentiert hingegen damit, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur der ohnehin schon mächtigen Telekom eine zu hohe Entscheidungsgewalt bekommt, da der Konzern „ein Quasimonopol über die sogenannten Gebäudeverkabelung“ besitzt. Auch die einzige Alternative, nämlich die Installation eigener Infrastrukturen in den Häusern der Kunden durch die FTTB-Anbieter hält der Breko für unrealistisch, da so enorme Kosten entstehen würden und eine Umsetzung zeitnah gar nicht möglich sei.

Folgen für G.Fast nicht gravierend

Gegenüber Golem.de verteidigte die Telekom die Entscheidung der BNetzA hingegen.

„Durch die Nutzung des gleichen Frequenzspektrums kommt es zu gegenseitigen Störungen, die bei G.fast zu einem geringen Verlust von Datenraten führen kann. Bei VDSL Vectoring/Super Vectoring kann dies auch zum Synchronisationsverlust, also zum Ausfall des Anschlusses, führen.“

Bisher ist der Beschluss der BNetzA noch nicht gültig, da er Teil der Ausarbeitung eines neuen TAL-Standardangebots ist, das festlegen soll, unter welchen Bedingungen Drittunternehmen die Teilnehmeranschlussleitung der Telekom mitnutzen dürfen. Sobald das Verfahren vollständig abgeschlossen wurde, tritt der Beschluss jedoch in Kraft, wenn die Proteste der Konkurrenz die BNetzA nicht zu einem Umdenken bewegen können.

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