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Speichermedien der Zukunft: US-Forscher setzen auf DNA-Technik

Möglicherweise stehen wir vor einem nächsten großen Durchbruch im Bereich der Speichertechnologien. So berichten Forscher aus den USA, dass man mithilfe von synthetisch hergestellter DNA einen großen Datensatz selbst auf mikroskopisch kleinem Raum unterbringen kann.

Der nächste große Fortschritt

Wenn man einmal einen Blick auf Speichermedien von vor zehn Jahren wirft, ist es teilweise erschreckend, was die Wissenschaft in der vergleichsweise kurzen Zeit für große Schritte vollführt hat. Dies betrifft nicht nur die schiere Geschwindigkeit von Datenträgern, die durch den Wechsel von Magnetfestplatten (HDD) auf Flashspeicher in Form von Solid State Drives (SSD) deutlich gestiegen ist. Auch der vorhandene Speicherplatz hat deutlich zugenommen. Doch in letzter Zeit hat man das Gefühl als hätten IT-Forscher das Ende der Fahnenstange im Bereich der SSDs so langsam erreicht. Nun kommt aus den Reihen der Wissenschaft aber Entwarnung und gleichsam Hoffnung auf einen gigantischen Technologieschritt.

Schließlich haben Forscher einen Weg herausgefunden, wie man auf kleinsten Raum riesige Datenmengen unterbringen kann. Und dabei spielt der menschliche Körper eine Vorbildrolle. Genauer gesagt orientiert sich die Wissenschaft an unserem genetischen Code – der DNA. Während diese beim Menschen die wichtigsten Informationen zum Erbgut speichert, könnte sie im Bereich der Technik dank ihres ausgeklügelten Designs als perfekter Speicher von Daten herhalten. Dabei soll sie nicht nur jede Menge Platz bieten können. Obendrein versprechen sich Forscher eine zuverlässige Speicherdauer von tausenden von Jahren. Dementsprechend forschen Wissenschaftler derzeit fieberhaft daran, die DNA auf synthetischem Wege nachzuahmen.

Herzstück sind die Basen

Wer sich noch dunkel an den Biologieunterricht erinnern kann, der weiß vielleicht noch, dass sich die DNA aus drei unterschiedlichen Basen zusammensetzt. Neben Adenin und Guanin gehören auch Cytosin und Thymin dazu. Die Informationen zum Erbgut eines jeden Lebewesens werden durch eine fast endlos wirkende Kombination dieser vier Basen codiert. Dieses Prinzip haben sich US-Forscher der University of Illinois Urbana-Champaign nun zum Vorbild genommen. Nach langem Forschen können die Wissenschaftler nun erste Durchbrüche verkünden. So sei es ihnen gelungen zusätzlich zu den vier Basen des natürlichen Vorbildes weitere sieben Basen herzustellen.

Dies geht aus einem Fachartikel des Magazins Nano Letters hervor. Da die von den Wissenschaftlern hergestellte synthetische DNA fast dreimal so viele Basen besitzt wie die in der Natur vorkommende DNA, ergeben sich natürlich auch viel mehr Kombinationsmöglichkeiten. Die Idee, welche hinter der synthetischen DNA und der Erweiterung der Basen steht, hat Kasra Tabatabaei kurz skizziert. Er gehört dem Forscherkreis der US-Universität an. Tabatabaei sagt:

„Anstatt Nullen und Einsen in A, G, C und T umzuwandeln, können wir Nullen und Einsen in A, G, C, T und die sieben neuen Buchstaben des Speicheralphabets umwandeln“

Das ist erst der Anfang

Allerdings wird der von den US-Forschern neuentwickelte Weg zur Datenspeicherung noch lange auf sich warten lassen. Bislang steht mit der Nachbildung der DNA nämlich erst einmal nur das Grundkonstrukt. Neben der Speicherkonzeption selbst ist es nämlich auch wichtig, dass man die gespeicherten Daten überhaupt auslesen kann. Grund hierfür ist, dass es sich bei DNA-Methode um ein gänzlich neues Prinzip handelt. Es gibt derzeit kein System, welches mit den gespeicherten Daten umgehen könnte. Doch auch hierfür haben die Forscher bereits eine passende Lösung parat. Im Fokus steht dabei die spannende Methode „Deep Learning“. Diese soll in Kombination zu einer speziellen Sequenzierung mittels Nanoporen das Auslesen von Daten ermöglichen. Die Wissenschaftler verlassen sich folglich auf die Möglichkeiten, welche die Künstliche Intelligenz ihnen offenbart. Sie erklären diesbezüglich:

„Wir haben 77 verschiedene Kombinationen der 11 Nukleotide ausprobiert, und unsere Methode war in der Lage, jede von ihnen perfekt zu unterscheiden […] Das Deep-Learning-Framework ist als Teil unserer Methode zur Identifizierung verschiedener Nukleotide universell, was die Verallgemeinerung unseres Ansatzes auf viele andere Anwendungen ermöglicht“

Mehr Speicherdichte und weniger Latenz

Die Methode mag vielleicht wegweisend und überaus spannend klingen. Doch am Endergebnis sollen sich nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Endkunden erfreuen können. Schließlich bietet die Nutzung von synthetischer DNA diverse Vorteile für das Speichermedium. Da wäre zum einen die Speicherdichte. Wenn man den Aussagen der Wissenschaftler Glauben schenken mag, können wir hier wohl mit einer Verdopplung rechnen. Das wäre wirklich beeindruckend. Doch es sollen nicht nur mehr Daten auf einem Speichermedium Platz finden können. Obendrein soll die Latenz viel niedriger sein. Aus dem Artikel von Nano Letters geht diesbezüglich Folgendes hervor:

„Insgesamt kann das erweiterte molekulare Alphabet möglicherweise eine nahezu zweifache Erhöhung der Speicherdichte und möglicherweise eine Verringerung der Aufzeichnungslatenz in derselben Größenordnung bieten, wodurch neue Implementierungen von molekularen Aufzeichnungsgeräten ermöglicht werden.“

Es gibt noch einige Baustellen

Bislang klingt das alles durchweg nach einem Durchbruch im Bereich der Speichertechnologie. Doch die Wissenschaftler befinden sich offensichtlich noch am Anfang ihrer Überlegungen. Insbesondere im Bereich der Daten-Infrastruktur haben sie nämlich noch einige Baustellen, die es zu bewältigen gilt. Vereinfacht gesagt fehlt es derzeit noch an an passenden Speichermedien, auf denen die Technologie auf DNA-Basis unterkommen kann. Sowohl das Auslesen als auch das bloße Speichern der Daten stellt für die Forscher noch eine große Herausforderung dar. Zu dem Thema hat sich übrigens auch das Fraunhofer Institut, unter anderem Erfinder des MP3-Files, geäußert:

„Im Vergleich mit konventionellen Speichermedien sind die Verfahrensschritte aufwendig und teuer, schwierig zu automatisieren und nur schwer in praktikabel nutzbare mobile Systeme einzubinden. Deshalb sind sie vor allem für die stationäre Archivierung größter Datenmengen über lange Zeiträume hinweg geeignet. Aus technischer Sicht sollten sie hier bereits mittelfristig praktikabel einsetzbar sein“

Künftig kleinere Serverfarmen?

Dass entsprechende Speichermedien wohl nur auf überaus kompliziertem Wege mobil gemacht werden könnten, dürfte am Anfang wohl kaum stören. Schließlich bietet die spezielle DNA-Technologie insbesondere die Möglichkeit, Serverfarmen viel kleiner zu gestalten als es jetzt der Fall ist. Hierbei kann man sich einmal ein Beispiel vor Augen führen, dass die Kollegen von Golem hervorgebracht haben. Mithilfe der neuen Speichertechnik könnten in der Theorie die Daten des gesamten Internets in nur einem kleinen Schuhkarton Platz finden. Allerdings dürfte diesem Traum noch ein Wermutstropfen im Wege stehen – Die Übertragungsrate.

Im Jahr 2019 versuchte sich bereits das Startup CATALOG an der DNA-Methode. Die Mitarbeiter des kleinen Unternehmens nahmen sich vor, die Datenbank von Wikipedia auf DNA zu speichern. Zur damaligen Zeit umfassten die Daten der englischen Ausgabe der Online-Enzyklopädie 16 GB. Als sie diese auf den gefertigten DNA-Speicher hinterlegen wollten, fiel ihnen die schlechte Übertragungsrate ins Auge. Diese betrug gerade einmal ca. 0,5 MB/s. Auch hier müssen die US-Forscher also unbedingt eine passende Lösung finden. Wir sind jedenfalls gespannt, ob hier gerade an den Speichermedien der Zukunft getüftelt wird und halten euch diesbezüglich auf dem Laufenden.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

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