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Lange erwartet und endlich da: Kingdom Hearts III im Test

Kingdom Hearts ist ein Franchise mit Geschichte. Wie der Titel Kingdom Hearts III schon hergibt, ist dieses Spiel der elfte Teil einer schon alten und von den Fans geliebten Spieleserie.

Sieht man hierbei – aufgrund des geringen Umfangs- über 0.2 und alles was „X“ im Namen hat, hinweg, so ist mit Dream Drop Distance 2012 der letzte Teil der Serie erschienen. Und wie das immer so ist, wenn man auf etwas warten muss: Je länger es dauert, desto größer die Erwartungen. Wie gut der neueste Teil des Disney-Final Fantasy-Crossovers dem gerecht werden kann, könnt ihr in diesem Bericht herausfinden.

Perfekter Einstiegspunkt ins Franchise?

Wie bereits erwähnt, handelt es sich nicht um das erste Kingdom Hearts-Spiel. Da stellt sich natürlich die Frage: Ist Kingdom Hearts III als Einstiegspunkt in die Serie geeignet?

Das ist ehrlich gesagt sehr schwer zu beantworten, wenn man die vorherigen Teile gespielt hat. Kingdom Hearts hat an sich schon eine recht komplizierte Handlung, die das Internet in den letzten siebzehn Jahren mit vermutlich mehr Flow Charts als jedes andere Franchise gefüllt hat.

Das Spiel selber erklärt sehr vieles, was in den letzten Teilen passiert ist, gerade die Handlungen diverser Spinoffs. Allerdings auf eine Art, die auch alteingesessenen Veteranen wie mir nicht auf die Nerven geht. Im Gegenteil, es wirkt relativ lebendig, da es in Dialogen geschieht. Die Charaktere erzählen anderen, was geschehen ist, oder rollen selber die Vergangenheit nochmal auf, um daraus Schlussfolgerungen für die Gegenwart ziehen zu können.

Bis ins letzte Detail versteht man die Story sicherlich nicht. Im Großen und Ganzen sollte man aber durchsteigen. Vor allem, da das Spiel einen mit einem Glossar für wichtige Begriffe und Recap-Filmen der vorherigen Spielen versorgt. Allerdings muss man bedenken: Kingdom Hearts basiert sehr stark auf den emotionalen Bindungen, die der Spieler mit den Charakteren aufbaut. Wenn man diese Bindung nicht hat, verfehlen einige Szenen natürlich ihre Wirkung.

Wiedererlangen, was verloren ist, und sogar noch mehr…

Da ich nun bereits ausführlich darüber geredet habe, wer die Story versteht, kommt jetzt wohl der Punkt, an dem ich über die eigentliche Handlung von Kingdom Hearts III rede. Die Story geht da weiter, wo die von Dream Drop Distance aufgehört hat. Nachdem Sora aufgrund der Ereignisse des vorherigen Spiels seine Kräfte verloren hat, muss er nun erneut trainieren, um diese wiederzuerlangen und sich darüber hinaus neue Fähigkeiten anzueignen. Um genau zu sein, die Kraft des Erwachens. Immerhin gilt es, sieben Hüter des Lichts zusammenzutrommeln und zwei davon sind aufgrund der Ereignisse aus Birth by Sleep außer Gefecht gesetzt.
Denn Xehanort sammelt seine Verbündeten um sich, um einen zweiten Schlüsselschwertkrieg auszulösen. Ein Umstand, der in etwa so angenehm wäre, wie er klingt.

Also bereisen wir hierfür jede Menge neuer und auch einige bereits bekannte Disney-Welten. In diesen treffen wir auf beliebte Charaktere wie Hercules, Elsa und Baymax. Begleitet werden wir hierbei wie gewohnt von Donald und Goofy, welche einen – zusätzlich zu weltenspezifischen Disney-Charakteren – tatkräftig im Kampf unterstützen.

Liebevolle Charakterinteraktionen

Etwas, dass mir bereits relativ früh im Spiel auffiel, ist die ausgesprochen schön gestaltete Interaktion zwischen den Charakteren. Damit meine ich nicht nur die Zwischensequenzen, sondern auch die Kommentare, welche die Gruppenmitglieder zwischendurch von sich geben, während man die Umgebung erkundet. Teilweise gibt es optionale Geschehnisse, welche bestimmte Reaktionen auf bestimmte Umgebungselemente hervorrufen. Es lohnt sich also, seine Umgebung fleißig zu erkunden und das nicht nur für die diversen Collectables.

Ebenfalls sehr positiv aufgefallen ist mir, wie schön die Handlungsstränge der einzelnen Disney-Welten in die Hauptstory eingebunden wurden. Dies ist gerade im Vergleich zu den Vorgängern positiv anzumerken, denn da war das eher weniger gegeben. Zwar hatten auch dort einige Disney-Charaktere wichtige Rollen, aber die Handlungen innerhalb der einzelnen Welten wirkten eher wie nebensächliche Füllepisoden oder wie die Folgen eines Cartoons ohne eine übergreifende Handlung. Nicht aber in diesem Teil. Jede Welt fühlt sich relevant an für die Handlung und die Entwicklung der Charaktere.

Auch das Writing hat sich im Vergleich zu den vorherigen Teilen stark verbessert. Die Dialoge fühlen sich lebendiger und natürlicher an. Während zuvor einige Dialoge so wirkten, als würden sie nur dazu dienen, den Plot voranzutreiben, fühlen sie sich in Kingdom Hearts III mehr wie Gespräche an, die Leute auch wirklich führen würden.

Starker Anfang, schwächeres Ende

Während der Großteil des Spiels – neben einigen Kleinigkeiten – sehr schön geschrieben ist, lässt das Ende an gewissen Stellen stark zu wünschen übrig. Der Verbleib gewisser Charakter bleibt einfach unklar, was mehr als nur frustrierend ist an diesem Punkt. Allerdings wäre es wohl kein Kingdom Hearts-Spiel, wenn es nicht zumindest ein paar unbeantwortete Fragen aufwerfen würde.

Ein anderer Punkt ist, dass man sich dafür entschieden hat, den Spieler gegen mehrere Gegner gleichzeitig kämpfen zu lassen. Wird einer der Gegner besiegt, läuft eine Zwischensequenz. Die sich so anfühlt, als ob der jeweils andere Gegner nicht da wäre. Dadurch wirken gerade emotionale Szenen etwas schwach, wenn man direkt zurück in den Kampf gegen den beziehungsweise die verbleibenden Gegner geschmissen wird. Vor allem fehlt natürlich die Reaktion des Gegners darauf, dass sein Teamkollege gerade den Löffel abgegeben hat.
Natürlich, der Grund dafür, ist offensichtlich: Die Entwickler konnten unmöglich wissen, wen man als erstes besiegt. Aber die Lösung dafür liegt noch mehr auf der Hand: Den Spieler einzeln gegen besagte Gegner kämpfen lassen.

Bis auf einen dieser Kämpfe hatte keine dieser Begegnungen einen Grund, warum man gegen mehrere Antagonisten gleichzeitig kämpfen sollte. Also abgesehen vom Schwierigkeitsgrad. Aber der ist in Kingdom Hearts 3 ein anderes, leidiges Thema.

Abgesehen davon gibt es auch Szenen, die keinerlei Sinn ergeben oder Charaktere, die sich schlichtweg nicht weiterentwickeln.

Farbenfrohes, abwechselungsreiches Gameplay

Für die Qualität eines Spiels ist die Story natürlich relevant, das Gameplay aber wichtiger. Im Falle von Kingdom Hearts ist es mehr als nur gelungen. Sowohl neue, als auch alte Features und Fähigkeiten haben für dieses Spiel ihren Weg in Soras Repertoire gefunden.

Am bemerkenswertesten sind aber mit Abstand die Attraktionen. Dies sind Fahrgeschäfte, wie man sie in Freizeitparks findet, welche man während des Kampfes beschwören und so den Gegnern Schaden zufügen kann. Das Warum oder Woher wird übrigens nicht geklärt, auch wenn neue Fähigkeiten aus dem Nichts eigentlich der Prämisse des Spiels widersprechen.

An sich macht es durchaus Spaß, die Attraktionen zu verwenden und sie bieten auch eine nette Abwechslung, da sich jede ein wenig anders spielt. Allerdings sind die Attraktionen leider ziemlich overpowered.

Ein weiteres, neues Element, welches Abwechslung bietet, sind die Schlüsselschwerttransformationen. Diese sind individuell für jedes Schlüsselschwert und können verschiedenen Formen annehmen. Von einem Hammer bis zu Armbrüsten, es lohnt sich also, verschiedenen Schwerter auszuprobieren.

Ansonsten sind Gameplay-Elemente aus vorherigen Spielen zurückgekehrt, so wie der Freie Fluss aus Dream Drop Distance oder die Fokusangriffe aus Birth By Sleep.

Aber genau diese Vielfältigkeit stellt ein Problem da, denn das Spiel bietet kaum Herausforderungen. Es mag daran liegen, dass ich sämtliche vorherigen Teile gespielt habe und dementsprechend vertraut mit der Steuerung und dem Gameplay bin. Aber ich habe das Spiel auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchgespielt und hatte lediglich in optionalen Kämpfen Probleme. Was unter anderem daran liegt, das diverse Fähigkeiten einfach zu stark sind. Gerade während der Attraktionen ist man kaum verwundbar.

Ab und zu kommt man in Situationen, in denen man diese und diverse Fähigkeiten nicht nutzen kann. In diesen Momenten ist das Spiel auf einmal ein ganzes Stück schwerer. Es wäre vielleicht also eine gute Idee gewesen, gewisse Fähigkeiten abzuschwächen oder die Gegner stärker zu machen.

Der neue Gumi-Jet

Wie bereits in den ersten beiden Hauptteilen der Serie fliegt ihr auch hier mit dem Gumijet von Welt zu Welt. Allerdings hat der Gumijet in Kingdom Hearts III ein wesentlich offeneres System. Anstatt dass man nur vorgegebene Routen fliegen kann, kann man sich nun frei bewegen und das (wenn auch etwas kleine) Universum erkunden. Dadurch bekommt dieser Teil des Gameplays ein viel stärkeres „Open World“-Gefühl.


Hier warten auch die größten Herausforderungen des Spiels, die allerdings größtenteils optional sind. Viele Bosse lassen sich einfach umfliegen und die Hauptstory kann so fortgesetzt werden. Was ein bisschen schade ist, denn wie gesagt, diese Kämpfe sind wesentlich anspruchsvoller als alles, was jemals außerhalb des Jets passiert ist.

Große Welten, wenig Content?

Die Welten sind wunderschön in Szene gesetzt und ein ganzes Stück größer als in den vorherigen Titeln. Trotz der Größe sind sie aber keineswegs leer. Sie sind gefüllt mit NPCs, Gegnern, Minispielen und voller Kleinigkeiten zum entdecken.

Sie wirken lebendiger, sowohl auf optischer Ebene als auch von der Geräuschkulisse her. Wenn man sich auf einem Platz mit vielen Leuten aufhält, so hört man häufig Gesprächsschnipsel mit oder andere Unterhaltungen. Dies trägt ungemein zur Atmosphäre bei.

Bis auf eine Ausnahme hat aber keiner dieser NPCs optionale Quests. An der Stelle wurde ein wenig Potential verschenkt. Denn auch wenn man mit den meisten Charakteren reden kann, letzten Endes tragen sie nur zur Atmosphäre bei. Zum Gameplay selber aber nicht.

Leider ist das nicht das einzige, was zu kurz kommt. Denn auch die Story an sich ist relativ kurz mit ungefähr 30 Stunden (von denen übrigens 10 Zwischensequenzen sind). Natürlich gibt es neben der Story noch haufenweise Minispiele, optionale Bossen und Kämpfen, aber… Das gleicht das ganze nur bedingt aus.

Fazit

Kingdom Hearts III ist trotz aller Mängel ein wundervolles RPG. Natürlich ist das Konzept von Kingdom Hearts selber etwas, auf das man sich einlassen muss. Die Story ist sehr wirr erzählt und leidet unter diversen Inkonsistenzen. Das hält die emotionalen Szenen aber nicht davon ab, ihre volle Wirkung zu entfalten.
Die Handlungsstränge, welche in den vorherigen Teilen anfingen, werden in diesem Teil angemessen zusammengeführt und aufgelöst. Auch wenn ich mir wünschen würde, man hätte sich mehr Zeit für diese genommen. Das Ende ist ein wenig frustrierend. Es hätte dem Spiel sicher nicht geschadet, die Story noch um einige Stunden fortzuführen.

Mit 30-35 Stunden ist die Hauptstory etwas kurz geraten. Vorallem in Hinblick auf den Preis, der sich derzeit zwischen 60 und 70 € befindet. Allerdings gibt es haufenweise optionalen Content. Mit diesen Minispielen, Collectables und optionalen Bossen, kann man sich problemlos 50-60 Stunden lang beschäftigen.

Zusammengefasst ist Kingdom Hearts III* nicht alles, was es hätte sein können. Es ist aber auch nicht schlecht. Es ist ein gutes RPG mit Mängeln hier und da. Diese schmälern aber den allgemeinen Spielspaß nicht.

Pro
Contra
Story
75%
+ Handlungsstränge aus vorherigen Spielen werden zusammengeführt
+ Besser geschrieben als in vorherigen Spielen
– Sehr unbefriedigendes Ende
– Einige Szenen ergeben kaum Sinn
Gameplay
90%
+ Abwechselungsreich mit vielen Möglichkeiten Gegner zu besiegen
+ Gameplay passt sich der Umgebung an
+ Verschiedene, spielbare Charaktere
Balance
70%
– Die meisten Kämpfe sind sehr leicht, auch auf hohen Schwierigkeitsgraden
Steuerung
90%
+ Simple, aus vorherigen Teilen bekannte Steuerung – Viele Kommandos liegen auf einem Kopf
Grafik & Sound
100%
+ Charaktere und Szenen wurden wunderschön in Szene gesetzt
+ Wundervolle musikalische Untermalung

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