Der Release des PlayStation-5-Exklusivtitels Rise of the Ronin könnte kaum besser geplant sein. Immerhin erfreut sich die Mini-Serie Shogun derzeit auf Disney+ enormer Beliebtheit. Passend dazu verschlägt es euch im Samurai-Abenteuer in das Japan zum Ende der Edo-Periode, das sich langsam dem Westen öffnet. Das neue Spiel der NioH- und Wo Long-Macher von Team Ninja setzt dabei auf ein wuchtiges und hervorragendes Kampfsystem, zeigt aber Schwächen bei Technik und Weltdesign. Unser Rise of the Ronin Test verrät mehr.
Rise of the Ronin im Überblick
Titel | Rise of the Ronin (offizielle Website) |
Genre | Action / Open World |
Entwickler | Team Ninja |
Publisher | Sony Interactive Entertainment |
Release | 22. März 2024 |
Plattformen | PlayStation 5 |
Spielerzahl | 1 – 3 (Online-Koop-Modus) |
Preis | € 39,39 * |
Rise of the Ronin Test: Eine Story der Konflikte
Ein beeindruckendes Kampfsystem, eine abwechslungsreiche Spielwelt und ein spannendes Setting. Und natürlich Katzen, die wir streicheln können. Rise of the Ronin für die PlayStation 5 verbucht eine ganze Menge Pluspunkte auf der Haben-Seite.
Gleichzeitig öffnet sich das neue Abenteuer der vor allem für die bockschweren Soulslike-Abenteuer bekannten Titel wie NioH oder Wo Long: Fallen Dynasty bekannte Studio Team Ninja mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden für eine ganze Reihe von Spielerinnen und Spielern, die keinen Bock darauf haben, jeden Angriff und jede Parade perfekt zu timen.
Ja, Rise of the Ronin macht vieles richtig und hat mir im Laufe des Tests wirklich gut gefallen, stellenweise sogar gefesselt. Frei von Schwächen ist das Samurai-Abenteuer dabei aber keinesfalls.
Doch beginnen wir zunächst bei der Story. Das Abenteuer beginnt mit der Erstellung von nicht einem, sondern von gleich zwei Hauptfiguren, die wir uns im umfangreichen Editor zusammenschustern. Als sogenannte Zwillingsklingen gehören die Geschwister einem Clan an, der sich gegen den Shogun auflehnt. Nach Jahren des Trainings wird das Duo auf die erste Mission geschickt und die geht ordentlich schief.
Ein maskierter Samurai rafft eines der Geschwisterchen hin und fackelt zusätzlich auch noch das Dorf des Clans ab. Angetrieben von Rache und dem Gedanken, dass euer Zwilling noch leben könnte, macht ihr euch auf die Reise und versucht, die wirren Fäden im Hintergrund zu entschlüsseln.
Das ist bei etlichen Haupt- und Nebenfiguren, Parteien wie den Amerikanern, dem Shogunat und verschiedenen anderen Fraktionen im Rahmen der Story von Rise of the Ronin nicht immer so einfach. Auch erzählerisch bleibt die spannende Prämisse leider etwas hinter den Erwartungen zurück und kann das hohe Niveau anderer PlayStation-Exklusivtitel (der Vergleich zu Ghost of Tsushima liegt ja sehr nahe) leider nicht halten.
Ist aber auch nur halb so wild, denn die Story kann man auch recht gut vernachlässigen. Wenngleich Japan-Fans hier mit historischen Fakten, akkurat umgesetzten Monumenten und typischen Bräuchen gut bedient werden.
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Abwechslungsreiche und brachiale Kämpfe
Was Rise of the Ronin also an Substanz im Bereich der Handlung fehlt, macht das Open-World-Actionspiel mit einem exzellenten Kampfsystem wieder wett. Wie passend, dass die Gefechte einen Großteil der Spielerfahrung ausmachen.
Dies ist einer der Aspekte, in denen die Soulslike-Wurzeln der Entwickler zum Tragen kommen. Doch keine Sorge: Ganz so gnadenlos sind die Kämpfe zumindest auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden nicht. Doch wer mag, bekommt auf Wusch auch eine bockschwere Herausforderung.
In den Kämpfen gilt es stets, die Bewegungen eures Widersachers im Auge zu behalten und präzise mit Ausweichschritten, Paraden oder Kontern zu reagieren. Das perfekte Timing ist dabei essenziell, um unseren Gegner ins Wanken zu bringen und die Ausdauerleiste schnell zu leeren, was uns Raum für mehrere schnelle oder besonders wuchtige Attacken eröffnet oder besonders schlagkräftige Finisher erlaubt.
Und das spielt sich in Rise of the Ronin genauso gut wie in Nioh, Dark Souls und Co. Zumal die Entwickler dieses ohnehin schon gelungene Kampfsystem mit jeder Menge Abwechslung garnieren.
Wir statten unsere Spielfigur mit zwei verschiedenen Waffen aus, zwischen denen wir im Kampf wechseln können (und oft sogar auch müssen). Diese reichen von schnellen Doppelschwertern über Katanas bis hin zu langsamen, aber besonders schlagkräftigten Stangenwaffen oder Odachis. Insgesamt neun unterschiedliche Waffenarten für den Nahkampf stehen zur Wahl.
Als wäre das nicht schon abwechslungsreich genug, gesellen sich auch noch unterschiedliche Kampfstile für jede Waffengattung und sogar Fernkampfwaffen wie Gewehre, Pistolen oder Bögen hinzu.
Der Wechsel des Kampfstiles ist, genau wie der der Waffen, selbst in einem Duell möglich. Und oftmals auch nötig, denn einige Feinde sind beispielsweise besonders anfällig gegen einen Stil, blocken den anderen nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip aber wiederum vollends ab.
Die Effektivität des ausgewählten Kampfstils wird euch im Spiel durch kleine Pfeile neben der Lebensleiste des Gegners angezeigt.
Mit all diesen Möglichkeiten spielen sich die Kämpfe nicht nur ausgesprochen flink, sondern auch angenehm variabel und machen einfach Laune. Stellenweise wirkt die Steuerung allerdings auch etwas überladen und so kommt es nicht selten vor, das wir fälschlicherweise die Fernkampfwaffe wechseln, statt den Kampfstil anzupassen oder unser mächtiges Katana zu zücken.
Talentierte Attentäter
Team Ninja lässt in Rise of the Ronin leichte Rollenspiel-Elemente einfließen. Für gewonnene Kämpfe oder absolvierte Haupt- und Nebenaufgaben sammeln wir Erfahrungspunkte, die wir dann wiederum in vier Talentbäumen in neue Skills investieren.
Diese erhöhen beispielsweise unsere Lebensenergie oder unseren verursachten Schaden, erlauben es uns, wilde Tiere zu zähmen oder eröffnen uns die Möglichkeit, unsere Gegenüber in Gesprächen einzuschüchtern oder zu belügen. Eine Spezialisierung ist dabei jedoch nicht nötig, denn die dafür benötigten Skillpunkte liefert euch das Spiel in Hülle und Fülle, sodass wir nach und nach ohnehin alle Talente freischalten.
Ähnlich verschwenderisch geht Rise of the Ronin mit neuer Ausrüstung um, denn alle paar Sekunden stolpern wir über neue Waffen, eine vermeintlich bessere Kopf-Rüstung oder minimal bessere Handschuhe.
Die Freude am Fund einer neuen, besonders seltenen und goldenen Waffe schmälert dieser Umstand allerdings nicht. Zumal alle Items mit mal mehr und mal weniger starken Bonuseffekten und zusätzlichen Attributen aufwarten.
Besonders in den höheren Schwierigkeitsgraden werden diese Attribute immer wichtiger. Hier spielt auch das Vorgehen eine wichtige Rolle, denn mit lautlosen Schleichangriffen, explosiven Fässern und kritischen Backstabs können wir uns schon vor Kampfbeginn einen enormen Vorteil verschaffen.
Das motiviert ungemein und spielt sich hervorragend. Zumal sich Rise of the Ronin hier stark von anderen Soulslikes unterscheidet. Gerade der (optionale) Stealth-Fokus funktioniert hervorragend und erinnert in Teilen an die Assassin’s Creed-Spiele.
Eine ordentliche Prise Souls fließt in das Open-World-Game aber natürlich auch ein. Beißt ihr ins Gras, bleibt ein Teil eurer Erfahrung liegen und kann erneut eingesammelt werden. Fahnenmasten dienen als Schnellreisepunkt und Rückzugsort, um Heilitems und Munition aufzustocken. Doch das Rasten sorg dafür, dass alle Gegner in der Nähe zurückkehren.
Eine malerische Open World mit Schwächen
Ein Open-World-Spiel wie Rise of the Ronin steht und fällt mit seinem Weltdesign. Dem darf es nicht an Abwechslung, aber eben auch nicht an Substanz mangeln. Hier schwächelt das Samurai-Abenteuer leider ein wenig. Denn gerade im Vergleich zu modernen Genre-Größen wie Legend of Zelda: Tears of the Kingdom oder Red Dead Redemption 2 wirkt vieles etwas altbacken.
Auch hier passt der Assassin’s Creed-Vergleich sehr gut, denn die Nebenmissionen reichen vom Befreien eines Lagers über das Sammeln entlaufener Katzen bis hin zu Foto-Aufgaben und dem Suchen von Schreinen.
Wirklich innovativ ist das alles nicht und auf Dauer wiederholen sich die Aufgaben leider zu schnell. Aber ganz ehrlich? Manchmal ist es doch genau das, was man will, oder?
Ich hatte im Rahmen des Rise of the Ronin Tests große Freude daran, die stellenweise simplen und kurzen Nebenaufträge zu absolvieren. Eben weil ich genau weiß, worauf ich mich einlasse und wie schnell sich die erledigen lassen.
Nur wenig Zeit? Für zwei bis drei Katzen und ein Lager reicht es schon. Habe ich mehr Zeit, dann gehe ich auf Schrein- und Fotomotiv-Suche oder setze die Haupt-Story fort. Die Erkundung der offenen Spielwelt geht auf dem Rücken unseres Pferdes oder mithilfe des von Zelda inspirierten Gleiters zudem angenehm flink von der Hand. Alles rein optional, versteht sich.
Wer mag, kann sich auf einfach and der Story durch das Spiel hangeln. Der mangelt es jedoch ebenfalls etwas an Varianz, denn oft laufen die Missionen darauf hinaus, sich in einem bestimmten Gebiet aller Gegner zu entledigen. Ich geb’s zu: Ich hatte mit den Nebenmissionen und dem Entdecken der malerischen Welt deutlich mehr Spaß als mit der Haupt-Story.
Im direkten Vergleich mit Ghost of Tsushima, das ja in eine sehr ähnliche Kerbe schlägt und im Mai endlich auch auf dem PC aufschlägt, hat Rise of the Ronin allerdings in sämtlichen Bereichen das Nachsehen. Das muss man klar so sagen.
Rise of the Ronin Test: Die Technik
Auch aus grafischer Sicht bleibt Rise of the Ronin leider deutlich hinter anderen großen PS5-Exklusivtiteln zurück. Man sieht deutlich, dass hier die etwas betagt Engine aus Nioh 2 zum Einsatz kommt. Zwar punktet das virtuelle Japan mit abwechslungsreichen Landschaften und einer stimmigen Atmosphäre, bei genauerer Betrachtung fallen viele Texturen aber recht detailarm und matschig aus.
Besonders im FPS-Modus, der die Grafikqualität für eine bessere Bildrate etwas reduziert, fallen die niedrig aufgelösten Texturen deutlich auf. Zumal der Titel auch hier nicht konstant die Bildrate aufrechterhält. Immerhin laufen die Kämpfe immer angenehm flüssig.
Anders sieht es im Grafik- und Raytracing-Modus aus, die zumindest aktuell mit starken Rucklern zu kämpfen haben. Die städtischen Gebiete wie Yokohama oder Kyoto wirken im Vergleich zur Genre-Konkurrenz zudem eher leblos, zudem trüben immer wieder unschöne Pop-Ups den Gesamteindruck.
Doch ein grafischer Totalausfall ist Rise of the Ronin beileibe nicht. Und auch die „Grafik auf PS3-Niveau“ kann ich wahrlich nicht unterschreiben. Denn das Samurai-Abenteuer zaubert einige wirklich schöne Lichtstimmungen und dichte Atmosphäre auf den Bildschirm, die durch liebevolle Details zum Leben erwacht.
Pluspunkte sammelt der Titel bei der Vertonung, die mit gelungenen deutschen Sprechern und einem stimmungsvollen Soundtrack überzeugt.
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Rise of the Ronin Test: Fazit
Mit Rise of the Ronin liefert Team Ninja ein spaßiges und enorm atmosphärisches Open-World-Actionspiel ab, das zwar aus spielerischer Sicht das Rad nicht neu erfindet, dafür aber mit einem unglaublich komplexen aber keinesfalls überfordernden Kampfsystem an den Bildschirm fesselt.
Wenn ich zwischen Angriff und Parade nicht nur Waffen, sondern auch Kampfstile wechseln und stetig meinen Gegenüber im Auge behalten muss, geht mir nicht nur mächtig die Pumpe, das macht noch dazu ordentlich Laune. Zumal das Spiel abseits der direkten Kämpfe etliche Möglichkeiten eröffnet. Sei es aus der Distanz mit Gewehr und Bogen oder lautlos mittels Schleichangriff.
Leider bleibt die Story dabei etwas blass und die altbackene Technik samt Rucklern stößt sauer auf. Wirkliche frische Ideen lässt das Spiel in den Open-World-Aktivitäten auch vermissen. Aber mich stört das nicht die Bohne. Denn die Welt ist klein genug, damit das nicht in ödes Abarbeiten ausufert und doch groß genug, um meinen Entdeckerdrang zu schüren.
Und so sitze ich da und denke mir „nur noch schnell ein Lager befreien“ oder „ach komm, die Katze nimmst du noch mit“, während schon wieder zwei Spielstunden ins Land gezogen sind.
Wer Open-World-Spiele genau deswegen schätzt und sich für Japan und die Kultur interessiert, kommt mit Rise of the Ronin auf seine Kosten. Das Haupt-Problem des Spiels heißt aber Ghost of Tsushima und ist dem Team Ninja-Abenteuer in allen Belangen überlegen. Wen das nicht stört, der wird mit Rise of the Ronin (so wie ich) eine Menge Spaß haben.
Pro
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Contra
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+ spannende Epoche + unterschiedliche Fraktionen + einige interessante Figuren |
– Handlung zu oberflächlich – verwirrende Erzählung – blasse Hauptfigur |
+ komplexes, packendes Kampfsystem + etliche Waffen, Kampfstile und Möglichkeiten + gelungene Gadgets |
– repetitives Missionsdesign – uninspierte Aufgaben |
+ unterschiedliche Schwierigkeitsgrade + steuerbare NPCs + Online-Koop + viele Checkpoints & Speicherpunkte |
– Steuerung wirkt etwas überladen |
+ 25-30 Stunden für die Haupt-Story + etliche weitere Stunden für Nebenaktivitäten + Wiederspielwert durch Fraktionen und mehr |
– etwas zu wenig Varianz in den Gebieten |
+ abwechslungsreiche, atmosphärische Welt + sehr gute Vertonung |
– matschige Texturen – Performance-Probleme – teils hakelige Animationen |
Rise of the Ronin
Story
Gameplay
Balance
Umfang
Grafik & Sound
83/100
Atmosphärisches Samurai-Abenteuer mit einem hervorragenden und abwechslungsreichen Kampfsystem, das jedoch unter einer etwas ideenlosen Open World und technischen Ungereimtheiten zu leiden hat.