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Live-Übersetzungen direkt ins Ohr? Timekettle WT2 Edge/W3 im Praxistest

In einer globalisierten Welt stoßen wir immer häufiger auf Sprachen, die wir nicht sprechen. Berufliche Kooperationen, Auslandsaufenthalte oder aus anderen Teilen der Erde gestreamte Präsentationen und Konferenzen stellen dabei teilweise Hindernisse dar: Was, wenn wir Japanisch, Spanisch oder Ukrainisch nicht ausreichend verstehen und eine Übersetzung nicht angeboten wird? Timekettle möchte mit seinen In-Ear-Hörer WT2 Edge eine Lösung für dieses Problem bieten. Die Kopfhörer sollen in der Lage sein, gesprochene Sprache beinahe in Echtzeit zu übersetzen. Ob das tatsächlich funktioniert, haben wir getestet.

Design und Verarbeitung

Geliefert werden die In-Ear-Übersetzungskopfhörer in einer kleinen schwarzen Schachtel, die bereits eindeutig verrät, was sich in ihr befindet. Einmal ausgepackt, kommt eine weiße Ladedose zum Vorschein, in welcher sich die Earbuds befinden, die ihrerseits große Ähnlichkeit mit Apples AirPods haben. Die Kopfhörer selbst sind dementsprechend kabellos und vergleichsweise leicht. Sie wirken durchschnittlich verarbeitet. Gleiches gilt für die Ladebox, in welcher sie sich befinden. Ein Eindruck besonderer Hochwertigkeit will sich nicht recht einstellen, auch wenn der Hersteller offensichtlich versucht, ihn durch die Anlehnungen an Apple zu erzeugen. Gegen die Qualität spricht das jedoch nicht. Verarbeitungsmängel sind uns nicht aufgefallen.

App

Um die Kopfhörer nutzen zu können, wird eine App des Herstellers benötigt. Über diese können die Kopfhörer eingestellt und zwischen verschiedenen Übersetzungsmodi gewählt werden – mehr dazu später. Die App steht kostenlos zur Verfügung und wirkt ernüchternd: Sie ist unprofessionell aufgemacht und enthält Übersetzungsfehler. Besonders letztgenannter Punkt stellt bei einem Übersetzungsprodukt ein absolutes No-Go dar. Im Test haben wir es dennoch geschafft, die Kopfhörer mit der App zu koppeln und alle relevanten Einstellungen vorzunehmen.

Übersetzungen

Damit kommen wir auch schon zur zentralen Funktion der WT2 Edge von Timekettle. Angeboten werden vier verschiedene Übersetzungsmodi. Neben der Simultanübersetzung gibt es einen Touch-Übersetzungsmodus, einen Speaker- und einen Listen-Modus. Was erklärungsbedürftig klingt, ist es in der Praxis auch.

Drei Übersetzungsmodi für unterschiedliche Einsatzzwecke

Im Simultanmodus erfolgt eine Übersetzung beinahe in Echtzeit. So etwas ist schon länger bekannt und wird etwa auch von Amazons Alexa angeboten. Hierbei sind jedoch nur zwei Personen inbegriffen, deren jede einen der beiden Kopfhörer tragen muss. In der Praxis ist damit klar, dass die WT2 Edge nicht für die spontane Unterhaltung im Zug oder im Vorraum einer Konferenz geeignet sind – schließlich möchte kaum jemand, einer wildfremden Person einen In-Ear-Stecker überlassen, der danach weitergenutzt werden soll. An Hygiene hat Timekettle offensichtlich überhaupt nicht gedacht. So ist die Vorstellung, die Ohrhörer immer neuen Menschen für wenige Minuten zu übergeben, ohne sie angemessen reinigen zu können, zurecht alles andere als schön: Hier drohen neben Ekel auch Ohrinfektionen.

An Hygiene hat Timekettle bei der Konzeption der In-Ear-Kopfhörer nicht gedacht.

Der Touch-Modus unterscheidet sich zunächst nicht vom Simultanmodus. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Kopfhörer erst mit ihrer Tätigkeit beginnen, wenn sie angetippt werden. Der Modus ist damit besonders für trubelige Umgebungen geeignet, in denen viele Störgeräusche auftreten.

Der Lautsprecher-Modus funktioniert auch ähnlich. Hier wird jedoch das Smartphone mit eingebunden, sodass einer die Kopfhörer nutzen kann und die Lautsprecher vom Smartphone. So können auch Konversationen zwischen mehr als zwei Parteien übersetzt werden. Im Hör-Modus hingegen ist nur eine Person beteiligt, die in diesem Falle beide Kopfhörer trägt. Hier wird schlicht live übersetzt, was vom Smartphone-Mikrofon aufgenommen wird. Dieser Modus eignet sich damit etwa für Vorträge, die als Zuhörer besucht werden.

Übersetzungsqualität in der Praxis

Wir haben alle Modi getestet. Zunächst waren wir dabei positiv überrascht: Die Qualität der Übersetzungen ist besser als in der App. Unsere schlimmsten Befürchtungen haben sich damit nicht bewahrheitet. Doch wirklich hochwertig sind die Übersetzungen auch nicht. Zurückzuführen sein dürfte das auf das Funktionsprinzip der In-Ear-Hörer: Sie wandeln die gesprochene Sprache zunächst in einen Text um, der dann übersetzt und anschließend wieder in gesprochener Sprache ausgegeben wird. Damit gibt es mehrere Sollbruchstellen, an denen es zu Fehlern kommen kann. Und genau das passiert in der Praxis. Für Small-Talk reicht die Qualität in den meisten angebotenen Sprachen – 40 sind enthalten – zwar aus, mehr ist jedoch nicht möglich. Wissenschaftlichen Vorträgen oder komplexeren Lesungen in Fremdsprachen zu folgen, wird durch die WT2 Edge nicht ermöglicht, da sie hier keine ausreichend gute Übersetzung bieten können. Die Qualität liegt ungefähr auf dem Level des Google-Übersetzers, der seit Jahren auch über eine Sprachein- und -ausgabe verfügt. Die Textwiedergabe der gesprochenen Worte in der Timekettle-App erinnert auch optisch stark an den Google-Übersetzer.

Für Konferenzen und Vorträge sind die Kopfhörer eher nicht geeignet, da die Qualität der Übersetzung bei komplexeren Reden schwach ist.

Das führt uns zu einem weiteren Problem des Timekettle-Produkts: Mit einem Preis von rund 350 Euro ist es ziemlich teuer. Verschmerzbar ist das vor dem Hintergrund der eher durchschnittlichen Leistung nicht. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Kopfhörer nicht für andere Zwecke nutzbar sind. So ist es etwa nicht möglich, sie zum Musikhören zu verwenden. Damit handelt es sich letztlich um ein wahnsinnig teures Produkt, das Live-Übersetzungen auf Google-Translate-Niveau bietet. Wer für die direkte Sprachausgabe 350 Euro investieren möchte, könnte damit durchaus zufrieden sein; wer hingegen die Hürde, Google Translate zu öffnen und den Sprachausgabeknopf zu drücken, für nicht allzu hoch hält, kann die gleiche Leistung auch kostenlos erhalten.

Das gilt insbesondere, da die Übersetzungskopfhörer nicht in der Lage sind, die gesprochene Sprache automatisch zu erkennen. Sie muss vielmehr im Voraus in der App eingestellt werden. Verstehe ich mein Gegenüber nicht und weiß nicht, welche Sprache es spricht, bin ich mit den Timekettle-Hörern folglich verloren. Mit dem Google-Übersetzer ist das anders: Er kann gesprochene Sprache erkennen und einordnen, wenn auch mit einigen Schwächen.

Als positiv erlebt haben wir im Rahmen unseres Tests die große Anzahl zur Verfügung stehender Sprachen sowie den Umstand, dass die Übersetzung auch in lauteren Umgebungen relativ gut funktioniert. Timekettle setzt hierfür auf Noise-Cancelling-Technologie.

Fazit zu den Timekettle WT2 Edge

Abschließend lässt sich damit festhalten, dass es sich zwar um ein Produkt handelt, das durchaus eine Marktlücke füllen könnte; aufgrund der lediglich durchschnittlichen Qualität sind die Timekettle WT2 Edge dazu in der Praxis jedoch nicht in der Lage. Der Hersteller hat zu viele Lücken offengelassen und präsentiert daher letztlich ein Produkt, das keinesfalls einen Preis von 350 Euro rechtfertigt. Unter den jetzigen Umständen können wir nicht zum Kauf raten. Bei einem deutlich geringeren Preis würde es sich möglicherweise um ein nettes Gadget handeln. Insgesamt steht das Produkt jedoch deutlich hinter anderen Übersetzungslösungen zurück, so etwa auch hinter Skypes Live-Übersetzung, die kostenlos nutzbar ist.

Timekettle WT2 Edge

Design und Verarbeitung
App
Leistung
Preis-Leistungs-Verhältnis

49/100

Die Übersetzungs-Kopfhörer sind deutlich überteuert, zumal die Übersetzungen nicht ideal und das Konzept nicht vollkommen durchdacht ist.

Simon Lüthje

Ich bin der Gründer dieses Blogs und interessiere mich für alles was mit Technik zu tun hat, bin jedoch auch dem Zocken nicht abgeneigt. Geboren wurde ich in Hamburg, wohne nun jedoch in Bad Segeberg.

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