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Valco VMK20 Test: Überraschend starke Over-Ears mit ANC

Finnland, ein Land der Extreme. Der skandinavische Staat hat deutlich mehr zu bieten als nur Seen, Saunas, wortkarge Formel-1-Piloten und mehr Heavy-Metal-Band pro Einwohner als alle anderen Länder der Erde. Mit dem Kopfhörer Valco VMK20 erreicht ein Over-Ear-Kopfhörer mit ANC-Funktion unser Testlabor, der bereits beim Auspacken ganz anders sein möchte als die anderen Bluetooth-Kopfhörer auf dem Markt. Bereits auf der Verpackung begrüßt uns Chefentwickler Jasse „Jazmanaut“ Kesti mit einem Text, der vor Selbstironie und Witz nur so strotzt. Ob der VMK20 tatsächlich dem selbst gesteckten Anspruch des „besten kabellosen ANC-Kopfhörers, den man für Geld kaufen kann“ gerecht wird, oder ob der Klassenclown versagt, klärt unser Test.

Technische Daten

Kopfhörertyp Over-Ear (geschlossen)
Bluetooth-Version  5.0
Bluetooth-Codecs SBC, AAC, aptX
Maximaler Betriebsbereich 8m (ohne Hindernis)
Akkulaufzeit Bis zu 45 Stunden (mit ANC)
Gewicht 250g (ohne Kabel)
Treiber 40 mm, dynamisch
Impedanz 32 Ohm
Anschlüsse USB-Type-C; 3,5-mm-Klinke
Lieferumfang Valco VMK20, USB-C-Ladekabel, 3,5-mm-Klinkenkabel, Flugzeugadapter, Bedienungsanleitung
Farbvarianten Schwarz-Silber; Schwarz
Preis € 169,00 *

Lieferumfang des Valco VMK20

Bereits beim Lieferumfang gehen die Finnen von Valco mit dem VMK20 Kopfhörer andere Wege. Pappkarton? Plastikverpackung? Gibt’s nicht! So werden die Over-Ears ausschließlich in einem Hartschalen-Transportcase geliefert, auf dessen schwarz glänzender Hülle das Herstellerlogo prangt. Daran baumeln zwei Kärtchen mit den wichtigsten Spezifikationen sowie eine Begrüßung von besagtem Chefdesigner.

Beim Öffnen des Reißverschlusses springen sofort die gefalteten Kopfhörer ins Auge, die größtenteils auf ein schwarzes Äußeres samt abgesetzter grauer Ohrmuscheln mit Stofftextur setzen. Daneben findet ein Flugzeug-Adapter im Hardcase Platz. Auf der anderen Seite befindet sich ein durch einen Reißverschluss gesichertes Zusatzfach, das neben der Anleitung auch ein 3,5 mm Klinkenkabel sowie ein USB-A- auf USB-C-Kabel zum Laden der Kopfhörer beherbergt.

Da die Kopfhörer vor der ersten Nutzung zunächst vollständig geladen werden sollten, empfiehlt sich ein Blick in die Bedienungsanleitung „User Manual For Dummies“, die sich aufgrund des trockenen finnischen Humors gekonnt von sämtlichen Nachschlagewerken abhebt, die wir bereits in den Händen hielten.

Ganz ehrlich: Ich habe noch nie empfohlen, die Bedienungsanleitung eines Kopfhörers zu Rate zu ziehen. Im Falle der Kopfhörer Valco VMK20 lohnt sich das aber allemal. Bereits die erste Seite verrät, dass auf Seite 18 (Abschnitt „Milbenkäse“, später „Fast deutsch“ genannt) die deutsche Anleitung zu finden ist. Diese informiert dann nicht nur darüber, wie herum man die Kopfhörer richtig aufsetzt, sondern auch über die wichtigsten Funktionen, den Pairing-Prozess und weitere Details.

Sätze wie „Wenn du die drahtlosen Kopfhörer drahtlos verwenden möchtest, ist es ratsam, sie zuerst drahtlos mit der drahtlosen Audioquelle zu verbinden“ oder „Wenn du die Kopfhörer zum ersten Mal verwendest, drücke die MFB-Taste […] bis eine tiefe und gefühlvolle Männerstimme namens Tudor Gilespie rezitiert […]“ sorgen jedenfalls schon vor der Ersteinrichtung für ein Schmunzeln auf unserem Gesicht.

Design und Verarbeitung

Hinsichtlich des Designs hinterlassen die Valco VMK20 auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck. Die Kombination aus schwarzen Elementen und grau abgesetzten Außenseiten der Ohrmuscheln samt Stoffbezug und weißem Herstellerlogo wirkt zweifelsohne sehr edel, wenngleich relativ auffällig. Doch eine vollständig schwarze Variante der Kopfhörer ist mittlerweile ebenfalls erhältlich.

Obwohl die Over-Ears nur rund 250 Gramm auf die Waage bringen und größtenteils auf Plastik setzen, wirkt auch die Verarbeitung durchaus hochwertig. Lediglich der Mechanismus zum Drehen der Ohrmuscheln mutet etwas klapprig an, der metallverstärkte Bügel zum Feinjustieren der Position und Anklappen der Muscheln hingegen wirkt relativ hochwertig, hat jedoch etwas mehr Spiel als bei teureren Konkurrenzprodukten.

Ohrpolster und Kopfbügel sind sehr üppig mit weichem Kunstleder bespannt. Letzterer lässt sich in insgesamt neun Stufen an die eigene Kopfform anpassen. Die feste Rasterung fällt ebenfalls überzeugend aus, sodass sich die Position auch bei schnellen Bewegungen nicht versehentlich verstellt. Allerdings entfalten die VMK20 einen sehr speziellen und recht unangenehmen Neugeruch, den wir in der Form und Intensität schon lange nicht mehr bei einem Kopfhörer gerochen haben – es dauert ein paar Tage, bis dieser vollständig verflogen ist.

An der Unterseite der linken Ohrmuscheln befindet sich der USB-C-Anschluss, an dem die Kopfhörer geladen werden. Darüber positioniert Valco die ANC-Taste, mit der die aktive Geräuschunterdrückung aktiviert beziehungsweise ausgeschaltet wird. Einen Transparenzmodus oder verschiedene ANC-Stufen bieten die VMK20 hingegen leider nicht.

Linksseitig befinden sich der Klinkenanschluss für den kabelgebundenen Betrieb, sowie die drei Tasten zur Bedienung, denen mehrere Funktionen innewohnen. Alle Tasten sind sinnvoll positioniert und auch beim Tragen problemlos zu erreichen.

Tragekomfort

Um noch einmal auf die Bedienungsanleitung zu sprechen zu kommen (ich zitiere): „Wir empfehlen, den Kopfhörer mit dem Stirnband nach oben und die Kopfhörerteile über den Ohren zu tragen.“ Klingt einleuchtend.

Doch Spaß beiseite: Hinsichtlich des Tragekomforts bieten die Valco VMK20 ebenfalls kaum Anlass zur Kritik. Die ohrumschließenden Hörmuscheln aus Memory-Schaum sitzen sehr bequem über den Ohren und bieten darüber hinaus eine sehr gute passive Isolierung gegenüber Außengeräuschen. In Kombination mit dem weichen Kunstleder der Muscheln sowie des Kopfbügels ruhen die Kopfhörer auch auf lange Sicht sehr bequem auf dem Kopf.

Mit einem Innendurchmesser von 4,8 cm x 6,3 cm (Breite x Länge) und einer enormen Dehnbarkeit fallen sie beispielsweise spürbar großzügiger aus als die Sony WH-1000XM4 (unser Test) und eignen sich daher auch für mittelgroße oder große Ohren. Lediglich der bereits angesprochene, unangenehme Geruch stört in den ersten Tagen ein wenig.

Ausstattung und Akkulaufzeit

Im Wireless-Betrieb verbinden sich die Valco VMK20 via Bluetooth 5.0 mit verschiedenen Audio-Quellen. Über den verwendeten Qualcomm QCC3008-Chipsatz klappt das Pairing schnell und einfach, während in den meisten Fällen stabile Verbindung gewährleistet werden kann. Erschütterungen und große Entfernungen mögen die Finnen allerdings nicht wirklich: Während des Joggens kam es im Rahmen unseres Tests zu leichten Soundaussetzern. Bei normalen Bewegungen ist davon allerdings nichts zu spüren. Auch die Reichweite fällt mir rund 7-8 Metern nicht ganz so groß aus, wie bei den meisten Konkurrenten.

Hinsichtlich der Bluetooth-Codecs gibt man sich variantenreich. AAC, SBC und aptX sind mit von der Partie. Außerdem können Sprachassistenten (Google Assistant/Siri) mithilfe eines Doppeltipps auf den MFB-Button gesteuert werden. Schade: Eine Trageerkennung mit Auto-Pausefunktion beim Auf- oder Abnehmen der Kopfhörer bieten die VMK20 leider ebenso wenig, wie einen Transparenzmodus. Dafür besteht dank Multipoint-Konnektivität die Möglichkeit, die Kopfhörer mit zwei Audio-Quellen gleichzeitig zu verbinden, was in der Praxis tadellos funktioniert.

Geladen wird der verbaute 1.050 mAh starke Akku via USB Type C, was rund zwei bis drei Stunden Zeit in Anspruch nimmt. Dafür entpuppen sich die Finnen als absolutes Ausdauertalent. Satte 45 Stunden sollen sie mit eingeschalteter aktiver Geräuschunterdrückung durchhalten. In unserem Test können wir diesen Wert tatsächlich auch bestätigen. Das sind immerhin rund 15 Stunden mehr als im Falle der Sony WH-1000XM4 – die VMK20 sind einer der, wenn nicht sogar der aktuell ausdauerndste Over-Ear-ANC-Kopfhörer auf dem Markt. Beeindruckend!

Bedienung und Praxis

Hinsichtlich der Bedienung hat sich Valco, vielleicht auch aus Kostengründen, für eine klassische Tasten-Steuerung, statt für Touch-Eingaben entschieden. Das minimiert natürlich Fehleingaben und klappt in der Praxis nicht minder gut.

Per Knopfdruck auf den ANC-Button aktiviert man die aktive Geräuschunterdrückung oder schaltet sie vollständig aus. Über die Plus- und Minus-Taste wird die Lautstärke geregelt, hält man sie gedrückt, kann man zum vorangegangenen oder nächsten Song wechseln. Die meisten Funktionen wohnen der mittleren MFB-Taste („Madafaking Button“) inne. Sie stößt das Bluetooth-Pairing an, schaltet die Kopförer ein beziehungsweise aus, pausiert die Wiedergabe und setzt sie fort oder ruft per Doppeltipp den Sprachassistenten auf.

Valco VMK20

Das alles geht sehr präzise und ohne nennenswerte Verzögerung vonstatten. Auch die gleichzeitige Kopplung von zwei Audio-Quellen via Multipoint ist schnell erledigt, hier gibt es ebenfalls nichts zu beanstanden.

Valco VMK20: Audio-Qualität und ANC

Aber sind die Valco VMK20 nun wirklich die besten ANC-Kopfhörer, die man sich leisten kann? Nein, aber sie sind verdammt nah dran! Tatsächlich hat uns die Audio-Qualität im Rahmen unseres Tests äußerst positiv überrascht, stellenweise sogar beeindruckt. Und das obwohl Valco lediglich auf die typischen Spezifikationen wie 40 mm große Treiber und ein Frequenzband von 20 – 20.000 Hz , bei 32 Ohm Impedanz setzt.

Nachdem uns die rauchige Stimme mit einem „Power on!“ und typisch finnisch-englischen „Connectied!“ begrüßt, sorgen wir bei den VMK20 zunächst mit lokalen Klängen für ein Zuhause-Gefühl und befeuern sie mit dem Who-is-Who der finnischen Metal-Szene.

Den Anfang macht die unverwechselbare Stimme von Tarja Turunen als Frontfrau von Nightwish, deren Cover-Hit „Over the Hills and Far Away“ nicht nur der Sängerin sondern auch den Kopfhörern eine Menge abverlangt. Hier zeichnen die VMK20 ein enorm räumliches Klangbild ab, das mit satten, präzisen Bässen und einer warmen Stimmwiedergabe punktet. Dabei werden die einzelnen Instrumente hervorragend herausgestellt, während auch die Höhen mit einer sehr guten Präzision punkten. Besonders im Bluetooth-Modus und mithilfe des nachgeschalteten DSP-Tunings.

Höhen und hohen (Frauen)stimmen bereiten den VMK20 aber durchaus Probleme, werden diese oft etwas überspitzt dargestellt, was schnell anstrengend werden kann. Das Problem lässt sich jedoch durch eine Absenkung mithilfe eines Equalizers schnell in den Griff bekommen. Mit deaktiviertem Noise Cancelling kommen zudem vor allem die Tiefbässe noch klarer zur Geltung, was in einem noch runderen und voluminöseren Klangbild resultiert.

Valco VMK20

Mit den tieferen Stimmen von Niilo Sevänen (Band: Insomnium) oder Ville Vallo (Band: HIM) fühlen sich die Valco VMK20 aber sichtlich wohler. Die melancholische Grundstimmung des Songs „The Wanderer“ finnischen Melo-Death-Veteranen Insomnium bringen die Kopfhörer glaubhaft und derart nuanciert herüber, wie es nur wenigen anderen (dafür aber deutlich teureren) Kopfhörern gelingt.

Letztlich hinterlassen die Valco hinsichtlich der Audio-Qualität einen wirklich guten Eindruck und zeichnen sich durch ein recht neutrales aber gleichzeitig druckvolles Klangbild aus, das zu gefallen weiß.

Gutes ANC ohne Extras

Umgebungsgeräusche analysieren die VMK20 über insgesamt vier nach außen gerichtete Mikrofone, die den Lärm effektiv unterdrücken sollen. Im Praxistest arbeitet das Noise Cancelling gut, wenngleich in leisen Umgebungen und ohne Musik ein konstantes und leises Rauschen wahrnehmbar ist.

Besonders tiefe und gleichbleibende Frequenzen werden sehr gut herausgefiltert, Straßen-, Baustellen- und Zuglärm filtern die Valco Kopfhörer sehr gut heraus. Vor allem Stimmen können aber noch immer gedämpft wahrgenommen werden. In Kombination mit der passiven Geräuschunterdrückung durch die gute Isolierung wird die Umgebung gut ausgeblendet, mit dem ANC der Sony WH-1000XM4 können die Finnen aber nicht mithalten.

Verschiedene ANC-Stufen oder einen Transparenzmodus bieten die Valco Kopfhörer ebenfalls nicht. Genauso wenig wie eine Begleit-App, mit der sich etwaige Funktionen anpassen ließen. Immerhin lässt sich der Klang mithilfe des Android- oder iOS-Equalizers ein wenig feinjustieren. Eine minimale Absenkung von Bass und oberen Mitten sorgt für ein noch ansprechenderes Klangbild.

Valco VMK20

Ein Wort noch zum Freisprechfunktion. Die verbauten Mikrofone samt CVC 8.0-Rauschunterdrückung verrichten einen guten Job. Wir sind jederzeit klar verständlich. Die Qualität deutlich teurerer Kopfhörer wird aber einmal mehr nicht ganz erreicht.

Fazit zum Valco VMK20

Zusammenfassend konnten uns die Kopfhörer Valco VMK20 im Test fast vollends überzeugen. Vor allem das neutrale und gleichzeitig vollmundige Klangbild hat uns wirklich gut gefallen. Es kommt mit nahezu allen Genres gleichermaßen gut zurecht und entlockt Details, die bei vielen – auch teureren – Kopfhörern kaum wahrnehmbar sind. Bässe und obere Mitten bedürfen allerdings ein wenig Feinjustierung. Gerade hohe Stimmen werden etwas überspitzt dargestellt, was auf Dauer anstrengend werden kann.

Verarbeitung und vor allem Tragekomfort geben sich hingegen keine Blöße. Selbst über Stunden hinweg liegen die VMK20 angenehm über den Ohren und machen einfach Spaß. Beeindruckend fällt zudem die Akkulaufzeit aus: Ausdauernder ist kein Over-Ear-Kopfhörer, selbst mit aktivierter ANC-Funktion.

Dem vollmundigen Versprechen der besten Noise-Cancelling-Kopfhörer der Welt werden die Valco VMK 20 allerdings nicht ganz gerecht. Dafür fehlen ein Transparenzmodus, App-Anbindung und ein paar kleinere Extras, bei denen die Konkurrenz die Nase vorn hat. Letztlich bleibt ein wirklich sehr guter Over-Ear-Kopfhörer mit sattem, neutralen Sound zu einem fairen Preis. Wer auf die fehlenden Features verzichten kann oder bei jedem Einschalten einfach nur ein herrlich befriedigendes „Connectied!“ hören will, kommt mit den Finnen voll auf seine Kosten.

Valco VMK20

Verarbeitung
Tragekomfort
Soundqualität
Noise-Cancelling
Aufnahmequalität
Ausstattung
Preis-Leistungs-Verhältnis

90/100

Frischer und frecher ANC-Over-Ear-Kopfhörer, der mit starkem Sound und hohem Tragekomfort punktet. Transparenzmodus und App sucht man hingegen vergebens.

Simon Lüthje

Ich bin der Gründer dieses Blogs und interessiere mich für alles was mit Technik zu tun hat, bin jedoch auch dem Zocken nicht abgeneigt. Geboren wurde ich in Hamburg, wohne nun jedoch in Bad Segeberg.

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