Der Corona-Expertinnenrat der Bundesregierung fordert die Auswertung anonymisierter Gesundheitsdaten in Echtzeit. Er sieht in dieser Praxis, die etwa in Dänemark bereits umgesetzt wird, ein zentrales Mittel der Pandemiekontrolle.
Was genau ist gefordert?
„Eine aktuelle Datenerhebung, Verknüpfung epidemiologischer und klinischer Daten und deren wissenschaftliche Auswertung ist für ein daten- und evidenzbasiertes Pandemiemanagement von höchster Bedeutung“ heißt es in der Stellungnahme des Rates, der alle neunzehn Angehörigen, darunter etwa Christian Drosten, Melanie Brinkmann, Hendrik Streeck und Lothar Wieler, zustimmten. Konkret wollen sie alle Krankenhäuser dazu verpflichten, alle Aufnahmen von Sars-CoV-2-Infizierten sowie alle erst im Krankenhaus festgestellten Infektionen innerhalb von 24 Stunden unter Angabe der Altersgruppe der Betroffenen zu melden. Darüber hinaus ist eine tagesaktuelle Meldung der Krankenhausressourcen und -belegungen gefordert.
Elektronische Patientinnenakte umgestalten
In einem weiteren Vorschlag empfahl der Rat, die umstrittene elektronische Patientinnenakte nicht nur schnellstmöglich umzusetzen, sondern auch grundlegend umzustrukturieren. Die Forderung zielt vor allem darauf, die Ausleitung von Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Die individuellen Gesundheitsdaten sollen so „auch für die anonymisierte wissenschaftliche Auswertung zugänglich sein“. Obwohl keine weiteren konkreten Vorschläge zur technischen Umgestaltung gemacht wurden, deutet alles darauf hin, dass damit die Umstellung von einem Opt-In-Verfahren zur standardmäßig aktivierten Weitergabe der Daten verbunden wäre.
Datenerhebung in anderen Ländern
Verwiesen wird ferner darauf, dass die Datenerhebung in Echtzeit in anderen Ländern bereits erfolgreich angewendet wird und sich als effizient erwiesen hat. Als Beispiele werden Dänemark und Israel angeführt. Nach Einschätzung der Angehörigen des Expertinnenrates habe die Datenerhebung und -auswertungen in den genannten Ländern deutlich zur Kontrolle der Pandemie beigetragen. Hierzulande fehlten hingegen weiterhin wichtige Daten, die weiteren Aufschluss über die Verbreitung des Virus, die besonders gefährdeten Gruppen und die Belastung des Gesundheitssystems geben könnten.
Datenschutz nicht thematisiert
Datenschutzbedenken, die etwa im Rahmen der Diskussion um die Patientinnenakte geäußert wurden, werden in den Stellungnahmen nicht thematisiert. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass die Daten in anonymisierter Form weitergeleitet und ausgewertet werden sollen. Konkret steht jedoch zu befürchten, dass die Hoheit über sensible persönliche Daten von den Patientinnen und Patienten auf den Staat verlagert wird.