News

Kampf gegen Kinderpornografie: EU-Kommission legt Blitzverordnung zur Netzüberwachung vor

Eine neue Verordnung der EU-Kommission soll den Schutz von Kommunikationsinhalten einschränken. So darf ein entsprechender Schutzmechanismus keinesfalls die automatische Erkennung von kinderpornografischen Inhalten verhindern.

Kommunikationsinhalte sollen automatisch überprüft werden

Die EU-Kommission hält eine Verordnung über die automatische Überprüfung von Kommunikationsinhalten für dringend erforderlich. Grund dafür ist die Tatsache, dass ein entsprechendes Vorgehen ab Ende des Jahres gegen das Recht auf eine vertrauliche Kommunikation verstoßen würde. Schließlich fallen im Zuge der E-Privacy-Richtlinie zukünftig auch Kommunikationsmittel wie E-Mail und Messenger-Dienste in den Geltungsbereich des Schutzes. Insbesondere den effektiven automatisierten Filtersystemen, welche bei pädokriminellem Material verwendet werden, wären dann ein Riegel vorgeschoben. Dies dürfe keinesfalls eintreten.

Schutz durch EECC ab 20. Dezember 2020

Hauptgrund für das Handeln der europäischen Kommission ist der neue europäische Kodex für die elektronische Kommunikation (EECC). Dieser soll Ende des Jahres in Kraft treten und garantiert umfangreichen Schutz auch bei einem sogenannten „nummernunabhängigen interpersonellen Kommunikationsdienst“. Die klassischsten Beispiele für diesen Kommunikationsweg sind sicherlich E-Mail und Messengerdienste a la WhatsApp. Im Zuge des EECC fallen diese Kommunikationsmöglichkeiten unter die E-Privacy Richtlinie und sind umfassend geschützt. Selbstverständlich erschwert dies das bisherige Vorgehen von europäischen Behörden bei der Ermittlung von Internetkriminalität. Insbesondere für die effektive Bekämpfung von Kinderpornografie und deren Verbreitung wäre dies ein Dolchstoß.

EU-Kommission muss schnell handeln

Bislang gibt es allerdings noch keine juristische Grundlage, die Anbietern derartiger Kommunikationsdienste eine freiwillige Herausgabe bzw. Durchsuchung entsprechender Kommunikationen ermöglicht. Die Kommission müsse somit nach eigenen Angaben sofort handeln. Um schnellstmöglich an das Ziel einer juristische korrekten und fehlerfreien Lösung zu kommen, müsse man eine streng begrenzte Ausnahme des Schutzes der Kommunikationswege durch die E-Privacy Richtlinie machen. Die Kommission geht davon aus, dass eine entsprechende Verordnung bereits binnen weniger Wochen vorliegt und Gültigkeit erlangt. Dieses schnelle Vorgehen ist innerhalb der EU eher ungewöhnlich.

Durchsuchung aller Medien

Im Rahmen der neuen Verordnung soll nicht nur Bildmaterial durchforstet werden können. Dem Entwurf vom 10. September zufolge wird auch eine Durchsuchung von Texten innerhalb der Messenger und E-Mails ermöglicht. Ziel sei es insbesondere das „Anwerben von Kindern für den Zweck sexueller Handlungen mit dem Kind oder der Produktion von Kinderpornografie“ zu erkennen. Das Durchsuchen soll nicht nur auf der Verwendung ganz spezieller Schlüsselwörter basieren. Darüber hinaus spielen auch andere Risikofaktoren wie ein signifikanter Altersunterschied eine große Rolle. Nach eigenen Angaben sei die Technik der Text-Durchsuchung „ausreichend  zuverlässig“. Die Fehlerrate soll entsprechend gering ausfallen. Damit die Verordnung von Anfang an ihre Wirkung entfalten kann, soll sie pünktlich zum 21. Dezember diesen Jahres erlassen werden. Gelten soll sie vorerst bis zum 31. Dezember 2025. Die fünf Jahre möchte die EU-Kommission nutzen, um sich auf einen entsprechenden Rechtsrahmen zu einigen und diesen zugleich zu verabschieden. Es sei das Ziel der Kommission „insbesondere […] die Anbieter von Online-Diensten zu verpflichten, bekanntes Material über sexuellen Missbrauch aufzudecken und den Behörden zu melden“.

Was passiert bei verschlüsselter Kommunikation?

Beginn des Monats gelang ein Papier an die Öffentlichkeit, welches das Vorgehen der Behörden bei verschlüsselter Kommunikation erklärte. Im Kampf gegen die Verbreitung von pädokriminellem Material setzte sich die EU-Kommussion mit einem Experten-Gremium zusammen. Insbesondere gehörten IT-Spezialisten von Microsoft und Google dazu. Darüber hinaus ergänzten Experten unterschiedlicher Polizeibehörden, Geheimdienste sowie Vertreter mehrerer Opferverbände das Fachkomitee. Leider waren die Ergebnisse des Treffens nicht allzu vielversprechend. Lediglich einige Vorschläge zum Aushebeln der Ende-zu-Ende Verschlüsselung wurden präsentiert. Dadurch soll eine Auswertung der übertragenen Inhalte möglich gemacht werden. Dabei sollen Erkenntnisse aus der Bilderkennung mit Photo-DNA auf Texte von Social-Media und Messenger übertragen werden.

Angst vor Datenkraken

Aus den Reihen der Piratenpartei hagelte es indes scharfe Kritik an dem Vorhaben der EU-Kommission. Insbesondere der Europaabgeordnete Patrick Breyer zeigt sich entsetzt von der geplanten Verordnung.

Konzerne wie Facebook und Google den Inhalt unserer gesamten privaten Kommunikation verdachtslos und flächendeckend abfangen und auswerten zu lassen, ist zur Aufklärung der von organisierter Kriminalität genutzten Kanäle absolut untauglich und kontraproduktiv, bedroht aber die Privatsphäre und die Sicherheit der Internetkommunikation von Millionen unbescholtenen Bürgern und wird vor Gericht wohl keinen Bestand haben.Patrick Breyer (Europaabgeordneter, Piratenpartei)

Insbesondere machte der Politiker darauf aufmerksam, dass möglicherweise „fehleranfällige und undurchsichtige KI-Textfilter zum Einsatz kommen“ könnten. In Folge dessen müsse man „massenhafte Falschverdächtigungen und eine tausendfaches Mitlesen privater Nachrichten durch internationale Konzerne“ hinnehmen.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"