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Data Act: EU-Kommission steht vor Mammutaufgabe

Mit dem sogenannten „Data Act“ möchte die EU ihren Weg zu einem einheitlichen Datengesetz fortführen. Dabei kommt von vielen Seiten Lob für das sinnvolle, aber auch überaus ambitionierte Vorhaben. Neben positiven Stimmen gibt es mitunter auch skeptische Meinungen.

Lobeshymnen aus Wissenschaft und Politik

Nicht nur die IT-Branche zeigt sich höchst erfreut darüber, dass man mit dem Data Act versucht, einen „datenpolitischen Standard“ innerhalb der EU zu etablieren. Auch die Meinungen aus der Politik und Wissenschaft stimmen damit überein. Doch wie sooft liegt der Teufel auch hier im Detail. So müsse man an einigen Ecken und Enden des geplanten Gesetzes noch feilen, damit es seine gewünschte Wirkung nicht verfehlt. Am Mittwoch letzter Woche wurde das Datengesetz der Öffentlichkeit präsentiert. Matthias Kettemann vom Leibniz-Institut für Medienforschung sieht dabei den Vollzug eines wichtigen Schritts dahin, dass Datenbestimmungen künftig

„demokratischer, offener, fairer, menschenzentrierter und wettbewerbsfreundlicher“

werden. In seinen Ausführungen, die er gegenüber dem „Science Media Center“ getätigt hat, wird deutlich, welchen Wert Daten in unserer modernen digitalisierten Welt besitzen. Dementsprechend ist es von großer Bedeutung, dass im Bereich der Datenpolitik der Mensch im Fokus steht. Mit Blick auf Tech-Konzerne wie Google und Meta stellt er außerdem fest, dass es großer Bedeutung sei, Monopole zu verhindern. So führt er aus, dass die Daten unbedingt

„entlang der Wertschöpfungs- und Lieferkette zurückfließen und nicht monopolisiert werden.“

dürfen.

Der wertvollste Rohstoff unserer Zeit

Als Facebook vor nunmehr fast zehn Jahren an die Börse ging, stellte sich allen die Frage, welchen Wert das Tech-Unternehmen hat. Schließlich kannten die wenigsten Börsianer und Wirtschaftsexperten ein vergleichbares soziales Netzwerk. Also bediente man sich eines Kniffs. Zur Orientierung nahm man kurzerhand die Nutzerzahlen, die das von Mark Zuckerberg und seinen Kommilitonen gegründete Netzwerk zählte. Jedem einzelnen Nutzer wies man dann einen Wert von 100 US-Dollar zu. Hier wurde Laien zum ersten Mal deutlich, welchen Wert Daten in unserer heutigen Welt haben. Schließlich dienen sie als Grundlage für eines der wichtigsten Marketing-Tools – personalisierte Werbung.

Dementsprechend ist es verpflichtend, dass man für die Besonderheiten des Datenverkehrs auch ein maßgeschneidertes Gesetz entwickelt. Geboren war die Idee des „Data Act“. Die Bedeutung einer derartigen Regelung sehen natürlich vor allem Juristen und IT-Wissenschaftler. So sagt der an der Universität Potsdam lehrende Experte für IT-Recht, Björn Steinrötter zum Data Act:

„Es handelt sich um ein überragend wichtiges Legislativprojekt, das sich anschickt, das Herzstück eines im Entstehen befindlichen EU-Datenwirtschaftsrechts zu werden“

Dabei steht der Rechtswissenschafter hinter der Meinung der EU-Kommission, wenn es um das Thema des Eigentums geht. So gewährt der Data Act in seiner jetzigen Ausführung keine Eigentumsrechte an Nutzerdaten. Stattdessen handelt es sich gewissermaßen um Zugriffsrechte. Dies erachtet die IT-Expertin Indra Spiecker als Blick mit rosaroter Brille an. Schließlich hält sie manche Inhalte des Data Acts für

„… naiv, wenn es um die Verwendung von Daten geht.“

Weiterhin ist sie der Meinung, dass man die Menschen, deren Daten schlussendlich weitergereicht werden, nicht ausreichend im Fokus hat. Ihrer Meinung nach trägt der Data Act

„… den dahinterstehenden Werten und Interessen nicht ausreichend Rechnung“.

Auf einer Stufe mit der DSGVO

Damit der Data Act seine gewünschte Wirkung entfalten kann, muss man nach Meinung des Medienrechtlers Tobias Keber darauf achten, dass das Gesetz auf einer Stufe mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) steht. Dabei warnt er davor, den Tech-Konzernen wie Google und Meta pauschal eine Datenweitergabe in die USA zu verbieten. Schließlich könnte es hier zu Kollisionen mit den Vorschriften des Welthandelsrechts kommen. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat ein positives Statement zum vorgestellten Data Act abgegeben. Dabei verdeutlichte er

„Auch bei der Frage des Datenzugangs darf nicht das Recht des Stärkeren gelten.“

Das bedeutet, dass ein jeder Nutzer frei über seine Daten verfügen dürfe. Dies darf keineswegs

„zu Lasten des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gehen.“

Damit möchte er sicherlich unterstreichen, dass man nicht nur ein Recht darauf hat, Unternehmen den Zugriff auf eigene Daten zu verwehren. Obendrein hat man das Recht, seine Daten frei weiterzugeben, wenn man das möchte. Auch auf die Offenlegung von Algorithmen ist Buschmann kurz eingegangen. Hier haben Konzerne ein Recht auf Geheimhaltung. Nur so könne man das große Ziel eines

„datenpolitischen Goldstandards“

erreichen.

Data Act darf nicht zum Nachteil der EU werden

Bedenkliche Stimmen kamen vom IT-Verband Bitkom. Dieser stellte klar, dass man bei der Ausarbeitung des Data Act unbedingt darauf achten müsse, dass dieser nicht nachteilig für die EU ausfällt. Insbesondere soll man bei der Gestaltung in den Fokus rücken

„dass er die europäische Datenwirtschaft auf Augenhöhe mit den weltweit führenden Digitalstandorten bringt“.

Dabei spielen insbesondere auch die Rechte von Unternehmen eine große Rolle. Sollte der Data Act nämlich zu streng formuliert sein, könnte dies der Attraktivität der EU als Standort für Serverfarmen einen echten Dämpfer verpassen. Insbesondere Cloud-Services würden sich dann wahrscheinlich andere Orte suchen. Weiterhin müsse man aufpassen, dass man das Gesetz eben nicht so formuliert, dass es zu sehr in die Vertragsfreiheit von Unternehmen eingreift. Dies könnte sich auf lange Sicht nämlich als echter Dämpfer für Innovationen erweisen.

Rechtssicherheit sind das A und O

Bei der Ausarbeitung ist es wichtig, dass man nicht nur die Interessen der EU-Bürger im Auge behält. Da es vor allem Unternehmen sind, die möglicherweise Nachteile durch den Data Act haben könnten, muss man hier fair agieren. Das alles steht und fällt mit der Rechtssicherheit. Hier ist es wichtig, einen einheitlichen Standard in der gesamten EU zu schaffen. So der Eco-Verband der Internetwirtschaft. Weiterhin darf man nicht vergessen, dass es gerade Datensammlungen sind, die uns im Bereich der Digitalisierung nach vorne bringen. Sie sind das Herzstück für Entwicklungen rund um das Thema der Künstlichen Intelligenz. Karl-Heinz Streibich, seinerseits Experte auf dem Gebiet der KI und Co-Vorsitzender der Plattform Lernende Systeme stellt noch einmal klar, dass

„aus den Daten unserer digitalisierten Welt zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen, etwa für das autonome Fahren oder die Krebsvorsorge“

entstehen. Um die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz nicht abzubremsen, sondern voranzutreiben, sei es wichtig, Datenübertragungen auch zu erlauben.

Datensicherheit nicht nur im Internet erwünscht

Damit ging Streibich ganz offensichtlich auf eine Kritik des Automobilclub von Deutschland (AvD) ein. Dieser hat sich nämlich vor der öffentlichen Bekanntgabe der EU-Kommission über den Datenschutz von Autofahrern ausgelassen. Es sei äußerst wichtig

„die Rechte der Autofahrer an ihren Fahrzeugdaten zu schützen und zu stärken“.

Diese Meinung kann man ganz klar nachvollziehen. Schließlich setzen vor allem aktuelle Autos zunehmend auf modernste Computertechnik. Hierbei werden teils gigantische Datensätze gesammelt. Doch wie beim Surfen im Internet, ist es auch beim Fahren auf der Straße das Interesse eines jeden Menschen, zu wissen, was mit den Datensätzen geschieht. Mindestens genauso wichtig ist natürlich, welche Daten überhaupt erhoben werden, wenn man mit seinem Auto unterwegs ist.

Abwägen vieler Interessen vonnöten

Das Ausarbeiten des Data Acts dürfte sich als ein wahrer Spießrutenlauf erweisen. Schließlich ist das Abwägen aller Interessen äußerst schwer. Dies bestätigt auch die Vizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager. Die auf Digitalisierung spezialisierte Politikern bezeichnet die Ausarbeitung des Gesetzestextes als einen echten „Drahtseilakt“. Wir sind schon jetzt auf das Endergebnis gespannt.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

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