Ein Forschendenteam, das vom EU-Parlament beauftragt wurde, hat auf Missstände beim Schutz von Glasfaserseekabeln hingewiesen. In der vorgelegten Studie wird ein militärischer Schutz der Kabel gefordert – vor allem angesichts von Bedrohungen aus Russland und China.
Differenzen zwischen Mitgliedsländern
In der Studie attestieren die Forschenden, die im Auftrag des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung des EU-Parlaments tätig wurden, die EU hinke beim Schutz kritischer Infrastruktur hinterher. Während andere Länder hier für eine umfassende Absicherung sorgten, sei das Vorgehen der EU-Mitglieder weitgehend unkoordiniert, was zu Sicherheitslücken führe. Hingewiesen wurde vor allem darauf, dass einige Mitgliedsländer den Schutz von Kabeln und anderer Unterwasserinfrastruktur mit hoher Priorität behandelten, während andere ihn gänzlich privatisiert hätten. Als Beispiel können hier Frankreich und Portugal genannt werden, die im Schutz ebendieser Infrastruktur einen zentralen Punkt ihrer Militärplanung sehen; Dänemark hat den Schutz – als Gegenbeispiel – völlig Privatunternehmen überlassen. Kritisiert wurde darüber hinaus, dass das Thema auf EU-Ebene zwar durchaus thematisiert werde, ohne dass jedoch ein Programm oder Maßnahmenkatalog bestehe, mit welchem das Problem direkt angegangen werde.
Sehr verwundbare Stellen
In der Studie wird darüber hinaus über die tatsächlichen Gefahren für die Infrastruktur gesprochen. Hier wird darauf verwiesen, dass kleinere Schäden etwa an den benannten Glasfaserkabeln zwar durchaus gehandhabt werden könnten, zugleich bestehen der Studie zufolge jedoch einige sehr verwundbare Stellen. Problematisch ist das den Forschenden zufolge, da gleich mehrere Staaten mit der Möglichkeit und möglicherweise auch der Absicht, diese Schwachstellen auszunutzen. Explizit verwiesen wird auf Bedrohungen aus Russland und China. Verwiesen wird diesbezüglich darauf, dass die NATO bereits seit 2015 verstärkt russische U-Boot-Aktivitäten in der Nähe von Unterseekabeln bemerkt habe. Im Jahr 2015 berichtete ferner die New York Times, dass auch das US-Militär durch die gehäufte Sichtung russischer U-Boote in der Nähe wichtiger Kabelrouten beunruhigt sei. Bekannt ist in dieser Hinsicht auch, dass bereits seit dem Kalten Krieg die über derartige Kabel laufende Kommunikation mit Hilfe von U-Booten abgehört wurde. Edward Snowden, der seit Kurzem russischer Staatsbürger ist, zufolge ist dieses Abhören auch heute noch gängige Praxis – und zwar in beide Richtungen.
Neben dem Abhören der Kabel ist jedoch auch die direkte Beschädigung möglich. In der Studie werden hier Minen und maritime improvisierte Sprengladungen als mögliche Mittel des Angriffs von Unterwasserkabeln genannt. Als Anfang des Jahres mit dem Svalbard Undersea Cable System in der Nähe von Norwegen eines der wichtigsten arktischen Seekabel ausfiel, wurde in den Medien bereits breit über einen möglichen Sabotageakt Russlands debattiert. Nach den Beschädigungen der Nordstream-Pipelines, die wohl auf Sabotage zurückzuführen sind, rücken derartige Bedrohungen nun noch einmal verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Studie wurde jedoch bereits deutlich vor der Beschädigung der Pipelines angefertigt.