In einem beispiellosen Gerichtsurteil aus Niedersachsen wurde die Namensänderung aufgrund des identischen Namens zu einem digitalen Sprachassistenten durchgesetzt. Ein Mädchen im Vorschulalter aus Niedersachsen darf einen zweiten Vornamen bekommen, wie das Verwaltungsgericht Göttingen nun entschieden hat. Die Eltern hatten geklagt, weil ihre Tochter erheblich unter Mobbing und Hänseleien leide.
„Sprachassistent, ändere deinen Namen“
Vor dem Verwaltungsgericht in Göttingen hat ein klagendes Elternpaar nun Recht zugesprochen bekommen. Sie hatten für ihre Tochter die Erlaubnis für einen zweiten Vornahmen erwirken wollen, die denselben Namen trägt, wie ein bekannter weiblicher Sprachassistent.
Aufgrund ihres Vornamens leide das Mädchen erheblich unter Mobbing und Hänseleien. „Immer wieder würden andere Personen der Klägerin Befehle erteilen, da der Name sofort mit dem Namen des Sprachassistenten in Verbindung gebracht werde,“ heißt es in einer Mitteilung des Gerichtes.
Das führte zu einer enormen seelischen Belastung des Mädchens. Die beklagte Stadt hielt allerdings dagegen und sah laut § 3 Abs. 1 NamÄndG keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung. Eben auch, weil offenbar kein ärztlicher oder psychologischer Nachweis für die seelische Belastung vorgelegt wurde.
Vielmehr führt man aus, der Änderungswunsch des Vornamens beruhe eher auf Reue der Eltern, ihre Tochter nach dem digitalen Sprachassistenten benannt zu haben. Ein Produktname allein reiche nicht automatisch aus, um einen Anspruch auf eine Namensänderung geltend machen zu können. „Insgesamt könne quasi jeder Name mit einiger Fantasie ins Lächerliche gezogen werden,“ heißt es weiter.
Seelische Belastung als Grund für Namensänderung
Das Urteil (Aktenzeichen 4 A 79/21) wurde bereits am 21. Juni 2022 gefällt, wurde aber erst jetzt in der Presseinformation öffentlich gemacht. In der mündlichen Verhandlung kam die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen zum Urteil, dass eine seelische Belastung für die Klägerin sehr wohl ein wichtiger Grund für eine Namensänderung darstellt, wenn die privaten Interessen an der Namensänderung die öffentlichen Interessen überwiegen.
Demnach sei eine seelische Belastung ein wichtiger Grund für eine Namensänderung, wenn sie „unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet sei“. Ob diese behandlungswürdig sei und eine ärztliche oder psychologische Behandlung bereits stattfindet, ist laut Auffassung des Gerichtes dafür unwichtig.
Im Falle des nun gefällten Urteiles hätten die Eltern ausführlich und plausibel beschrieben, wie ihre Tochter aufgrund ihres Namens gemobbt und gehänselt wurde. Die entsprechende seelische Belastung des Mädchens, der die Klägerin aufgrund ihres jungen Alters nichts entgegensetzen kann, war für das Gericht nachvollziehbar.
Name als Schlüsselwort entscheidender Faktor
Da es sich bei dem Namen eben nicht nur um eine Produktbezeichnung handelt, sondern er auch das Schlüsselwort zur Aktivierung des digitalen Sprachassistenten darstellt, sei dieser „in einem besonders herausragenden Maße missbrauchsgeeignet,“ so das Gericht.
Dabei eigne sich der Name nicht nur für einfache Wortwitze, sondern lädt auch dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle direkt an das Mädchen zu erteilen. Das betroffene Kind darf nun einen zweiten Vornamen erhalten, der fortan als Rufname genutzt werden kann. Eine Änderung des Familiennamens würde nicht notwendig werden, weshalb die Namensänderung hier weniger gewichtig wäre. Gegen das Urteil kann die Stadtverwaltung in Göttingen innerhalb eines Monats nach Zugang des Urteils noch Berufung einlegen.
Ob das Mädchen den Namen von Amazons digitalem Assistenten, Alexa oder Apples Pendant, Siri, trägt, verriet das Gericht allerdings vermutlich aus Schutzgründen nicht.