News

Land Brandenburg: Zukunft der Kennzeichenerfassung ungewiss

Seit Einführung sahen Datenschutzexperten die im Land Brandenburg durchgeführte automatische Kennzeichenerfassung als äußerst kritisch an. Hinzukommende rechtliche Bedenken sorgten dafür, dass die fragwürdige polizeiliche Methode gestoppt wurde. Ob und wann sie zurückkommen soll steht nun in den Sternen.

Brandenburgs Innenminister ist für Wiedereinführung

Während viele Rechtsexperten die automatische Kennzeichenerfassung als fragwürdiges Instrument der vollstreckenden Gewalt ansehen, sieht das seitens der Landespolitik anders aus. Insbesondere der Innenminister des Landes Brandenburg, Michael Stübgen (CDU), hält nach wie vor jede Menge von der Vorgehensweise. So sagte er gegenüber der dpa:

„Wenn unsere Polizei organisierte Kriminalität und Rauschgiftschmuggel erfolgreich bekämpfen und ahnden soll, braucht sie auch die notwendigen Mittel dafür“

Dennoch weiß auch er, dass die fragwürdige Methode zu weitreichend ist. Wirksam könne sie aber auch nach leichten Einschränkungen noch sein. So sagt Stübgen weiter:

„Die Möglichkeit der Aufzeichnung wäre zwar eingeschränkt, aber immer noch eine wichtige Hilfe für die Arbeit der Polizei.“

Hilfe bei bekanntem Kriminalfall

Die als „Kesy“ bezeichnete bezeichnete polizeiliche Methode erlangte vor allem traurige Bekanntheit, weil sie im Vermisstenfall Rebecca eingesetzt wurde. Im Jahr 2019 verschwand das gleichnamige und in Berlin wohnhafte Mädchen von einem Tag auf den anderen spurlos. Mithilfe von Kesy sollten auffällige Fahrzeuge ausgemacht und mögliche Entführungsszenarien entwickelt werden. Dabei bot die Kennzeichenerfassung in ihrer ursprünglichen Form zwei unterschiedliche Möglichkeiten. Auf der einen Seite kann man mithilfe von Kesy ganz gezielt nach konkreten Kriminellen und deren Kennzeichen filtern. Alternativ ist es aber eben auch möglich, alle Kennzeichen, ob von Straftätern oder unbescholtenen Bürgern, gleichermaßen massenhaft aufzuzeichnen.

Vor allem die grenzenlose Aufzeichnung von Nicht-Straftätern dürfte es gewesen sein, die im Jahr 2020 die Datenschutzbeauftragte des Landes Brandenburg auf den Plan gerufen hat. Dagmar Hartge erklärte dieses Vorgehen kurzerhand für unzulässig. Darauf reagierte die Polizei, indem sie die Dauer der Datenspeicherung anpasste. Sie wurde auf maximal ein Vierteljahr reglementiert. Bis zum Sommer 2021 konnte die angepasste Form der Kennzeichenerfassung dann problemlos angewendet werden. Allerdings kam es dann zu einer Neufassung der Strafprozessordnung (StPO), welche die Praxis der Brandenburger Polizei nicht mehr als legales Mittel ansieht.

StPO erfordert Neufassung der Kennzeichenerfassung

Wie eingangs erwähnt möchte sich Innenminister Stübgen keineswegs vom Instrument der Kennzeichenerfassung trennen. Zu zielführend sei diese Methode. Allerdings ist eine Anwendung dieser Praxis aufgrund der Neufassung der StPO gegenwärtig undenkbar. Dementsprechend müsse man Anpassungen vornehmen. Dies wird zwischen den Koalitionspartnern CDU, SPD und Grüne derzeit stark diskutiert. Stübgen sagt dazu:

„Wir wollen deswegen eine landesgesetzliche Regelung. Da geht nur ein reduzierter Ansatz, den wir sehr gründlich ausgearbeitet haben. Es ist nicht das alte Kesy, aber kommt dem Einsatz bei Gefahrenabwehr sehr nahe.“

Seitens der Grünen wird deutlich, dass sie von dem Festhalten ihres Koalitionspartners an der Kennzeichenerfassung nicht allzu viel halten. So äußert sich die innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Marie Schäfer, wie folgt:

„An unserer kritischen Haltung zum Einsatz von Kesy im Aufzeichnungsmodus hat sich nichts geändert“

Anders sieht es beim anderen Koalitionspartner, der SPD auch nicht aus. Inka Gossmann-Reetz, Innenpolitik-Expertin der Landtagsfraktion, sagt nämlich:

„In Bezug auf den Aufzeichnungsmodus des Kesy-Systems muss eine Abwägung der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die dauerhafte Aufzeichnung und Speicherung von Daten gegenüber von Ermittlungserfolgen der Polizei stattfinden“

Seitens der oppositionellen AfD-Fraktion kommen hingegen CDU-freundliche Töne. So möchte die Partei laut Lena Kotré, innenpolitische Sprecherin, die Kennzeichenerfassung nicht pauschal ablehnen:

„Besonders im Hinblick auf Schleierfahndungen sowie Ermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität überwiegen die Vorteile bei der Anwendung“

Wir sind gespannt, ob und in welcher Form die Kennzeichenerfassung im Land Brandenburg weiterhin Anwendung findet. Feststeht, dass eine pauschale Kennzeichenerfassung allzu stark in die Datenschutzrechte eines unbescholtenen Bürgers eingreift.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

Ähnliche Artikel

Neue Antworten laden...

Avatar of Basic Tutorials
Basic Tutorials

Neues Mitglied

3,233 Beiträge 1,471 Likes

Seit Einführung sahen Datenschutzexperten die im Land Brandenburg durchgeführte automatische Kennzeichenerfassung als äußerst kritisch an. Hinzukommende rechtliche Bedenken sorgten dafür, dass die fragwürdige polizeiliche Methode gestoppt wurde. Ob und wann sie zurückkommen soll steht nun in den Sternen. Brandenburgs Innenminister ist für Wiedereinführung Während viele Rechtsexperten die automatische Kennzeichenerfassung als fragwürdiges Instrument der vollstreckenden Gewalt … (Weiterlesen...)

Antworten Like

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"