Abiturprüfung in NRW aufgrund technischer Probleme verschoben

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sollten die Abiturprüfungen am Mittwoch starten. Daraus wurde aufgrund technischer Probleme jedoch nichts: Ein Großteil der Schulen konnte die Aufgaben nicht herunterladen. Das Bildungsministerium in Düsseldorf steht nun in der Kritik – auch aufgrund des gewählten Ersatztermins.

Serverprobleme verhindern Download

Die für Mittwoch angesetzten Prüfungen in den Fächern Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik konnten aufgrund einer Serverpanne nicht stattfinden. Seit 2018 ist für die Austeilung der Abituraufgaben an die Schulen das vom Bildungsministerium beauftragte Unternehmen Gonicus aus Arnsberg zuständig. Das Unternehmen betreibt zwei Server, über welche die Aufgaben ausgespielt werden. Einer der Server dient dabei als Backup, um Ausfälle abzufedern. Am Dienstag, an dem die Aufgaben für die am Mittwoch angesetzten Prüfungen an die Schulen ausgespielt werden sollten, waren jedoch beide Server von technischen Problemen betroffen. In der Folge konnten nur rund 300 der insgesamt rund 900 Schulen die Aufgaben herunterladen.

Bildungsministerium kommuniziert nicht offen

Klar war das Ausmaß des Problems den betroffenen Schulen lange Zeit jedoch nicht, was primär auf die mangelnde Kommunikation aus dem Bildungsministerium zurückzuführen ist. Dieses erhielt laut Aussage der Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) um 14:10 Uhr Informationen zu Downloadproblemen. Die Schulen wurden mit diesen – so berichten es Schulleitungen etwa gegenüber dem SPIEGEL – zunächst jedoch alleine gelassen und nicht darüber informiert, dass es sich um ein Serverproblem handelte. Erst nach 20:30 Uhr wurden die Schulen darüber informiert, dass eine Lösung nicht mehr möglich sei und die Prüfungen verschoben werden müssen. Für die zuständigen Lehrkräfte bedeutete das eine stundenlange Unsicherheit ohne ausreichende Aufklärung.

Feller gibt zwar an, in engem Austausch mit den Schulen gestanden zu haben; diese jedoch beschreiben die Situation am Dienstag anders. Rolf Faymonville, Schulleiter des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Bensberg, etwa äußerte gegenüber dem SPIEGEL, die Informationen aus dem Ministerium seien vage geblieben: „Über Stunden wurden wir vertröstet, bis um halb neun schließlich die Absage kam“.

Alternativübermittlung scheiterte

Die CDU-Bildungsministerin Feller gab gegenüber Medien ferner an, versucht zu haben, die Abituraufgaben über einen Server des Ministeriums zur Verfügung zu stellen. Dieser Versuch sei jedoch gescheitert, da der Upload der Dateien beim Stand von 96 Prozent abgebrochen sei. Warum kein erneuter Versuch gestartet wurde, blieb offen. Forderungen, die Aufgaben per Kurierdienst an die Schulen zu übermitteln, erteilte die Ministerin im Nachhinein eine deutliche Absage. Sie berief sich dabei auf eine Vorgabe des Berliner Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), das für die Verwaltung der zentralen Abituraufgaben zuständig ist. Dieses fordert Feller zufolge, dass die Schulen die Aufgaben auf digitalem Wege erhalten. Hierin kann ein grundsätzliches Problem des Digitalisierungsdiskurses ausgemacht werden, der vielfach um Digitalisierung als notwendiges Ziel oder gar als Entwicklungspflicht kreist, ohne Begründungen für den Digitalisierungsdruck zu liefern oder Chancen und Risiken differenziert zu reflektieren. Eine nicht-digitale Auslieferung per Kurierdienst hätte die Verschiebung der Abiturprüfungen in NRW schließlich verhindern können und scheiterte, so lässt sich Fellers Hinweis auf das IQB interpretieren, ausschließlich am Digitalisierungszwang.

Neuer Termin steht in der Kritik

Damit enden die Probleme jedoch nicht. So steht Feller auch aufgrund des neuen Termins für die Prüfungen in Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik in der Kritik. Stattfinden sollen sie nun am Freitag, dem 21.04. Dieser Termin ist jedoch aus gleich zwei Gründen schlecht geeignet. So findet an ihm ein Bahnstreik statt, der es den Teilnehmenden aller Voraussicht nach deutlich erschweren dürfte, rechtzeitig zu ihren Klausuren zu gelangen. Darüber hinaus beginnt am Freitag das dreitägige Zuckerfest, sodass auf die Belange muslimischer Teilnehmender keine Rücksicht genommen wird – anders als etwa auf die christlicher, deren Feiertage wie selbstverständlich schul- und damit notwendig prüfungsfrei sind.

Lösungen für diese Probleme hat Feller nicht parat. Bezüglich des Bahnstreiks verwies sie lediglich auf den Prüfungsbeginn um neun Uhr morgens, der es ihrer Auffassung nach allen Teilnehmenden erlaube, rechtzeitig in der Schule zu sein. Aus welchem Grund der Beginn um neun Uhr die Auswirkungen des Bahnstreiks abfedern soll, ließ Feller dabei offen. Hinsichtlich des Zuckerfestes verwies sie lediglich darauf, dass Prüflinge, die den Klausuren aus diesem Grund fernbleiben wollen, die Möglichkeit erhielten, ebenso wie erkrankte Prüflinge einen Nachholtermin wahrzunehmen. Dass das eine deutliche Zusatzbelastung für die Betroffenen bedeutet, erwähnte Feller dabei nicht.

Kritik erhielt Feller aus den genannten Gründen nicht nur aus den Reihen der Schulleitungen, sondern auch von der Landesschüler*innenvertretung sowie von der oppositionellen SPD. Deren schulpolitische Sprecherin Dilek Engin kritisierte ein „katastrophales Kommunikationsverhalten“, das letztlich zulasten der Lehrkräfte und der Abiturienten gehe.