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Digitalgipfel der Ampelkoalition wünscht mehr Daten-Sammlung

Im Rahmen eines Digitalgipfels haben sich Spitzenpolitiker Deutschlands und Wirtschaftsvertreter zusammengefunden, um sich über eine künftige Datenkultur auszutauschen. Einigkeit scheint darin zu bestehen, dass man zukünftig mehr Daten sammeln müsse. Die Ergebnisse dürften insbesondere Datenschützer erschrecken.

Wissing fordert „Mut und Offenheit“ bei Daten

Verordnungen wie die DSGVO sorgen dafür, dass wir in der EU einen umfassenden Datenschutz genießen, der alles andere als selbstverständlich ist. Und das ist auch ein Grundrecht, welches aus der informationellen Selbstbestimmung des Artikel 2 Absatz 1 GG in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG hervorgeht. In Berlin sind nun Regierungspolitiker der Ampelkoalition zusammengekommen, um sich über eine künftige Datenkultur zu verständigen. Die Redebeiträge wirken teils so als wären sie keineswegs im Einklang mit dem Datenschutz-Grundrecht. Schirmherr des Digitalgipfels ist Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP). Im Rahmen der Zusammenkunft hat sich der Minister „Eine Datenkultur, an der alle mitwirken“ gewünscht. Um diesen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen, gibt er weiterhin an, dass man deutlich mehr Daten bereitstellen und nutzen müsse.

Dabei spielt wohl nicht nur das Verkehrsressort eine wichtige Rolle. Auch das alltägliche Leben möchte man gewissermaßen stärker digitalisieren. Hierfür fordert Wissing „Mut und Offenheit“. Ziel ist es wohl, Deutschland im Bereich der Digitalisierung einen ordentlich Schubs zu verpassen. Während man sich wohl bevölkerungsübergreifend darüber einig ist, dass Deutschland im Bereich der Digitalisierung noch einige Hausaufgaben zu erledigen hat, dürfte die Ansicht zur Bedeutung von Datenverarbeitung insbesondere im Kreis der Datenschützer alles andere als gut ankommen. Schließlich ging bei dem IT-Gipfel der gemeinsame Nenner hervor, dass man Geschäftsmodellen, die auf weitreichender Datenverarbeitung fußen, eine Chance geben müsse.

Habeck schwärmt von Datenverarbeitung

Dass die Ampelkoalition offenbar mit einer Lockerung des Datenschutzes liebäugelt, wurde bereits vor einigen Tagen deutlich. Als der Ministerrat der EU den Vorschlag in den Raum warf, künftig die Befugnisse zur biometrischen Videoüberwachung zu erweitern, stimmte die deutsche Regierung kurzerhand zu. Da verwundern auch nicht die Aussagen vom Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Grüne). Im Rahmen des IT-Gipfels schwärmte dieser von Iris- und Gesichtsscans als Bezahlmethoden. Deren Nützlichkeit konnte er eigenen Angaben zufolge im Rahmen eines Besuchs eines Flüchtlingslagers in Jordanien selbst sehen können. Dort zog man die personalisierte Bezahlmethode vor, um der Entstehung eines Schwarzmarktes im Lager vorzubeugen. Habeck schwärmte regelrecht davon, diese Möglichkeiten auch bei uns zu etablieren.

Insbesondere der Besuch eines Supermarktes könnte so in Zukunft reibungsloser ablaufen. Beim Betreten des Ladens werde man registriert, anschließend scannt man die Waren und zum Schluss checkt man erneut per Iris-Scan aus. Am Ende wird der entsprechende Betrag kurzerhand vom Konto abgehoben. Aus seiner Sicht könnte das auch der Umwelt zugute kommen. Das fußt wohl auf der Entschlackung des Einzelhandels. Im selben Atemzug betonte er aber auch die Empfindlichkeit der Daten. Sie dürften nicht in die falschen Hände geraten. Auch großen Tech-Konzernen wie Meta müsse man ihre Grenzen aufweisen, da deren Wissen bereits jetzt über dem vieler Staaten liege.

Daten sollen zum Gemeingut werden

Im Rahmen des Gipfels betonte Habeck weiterhin, dass es ein „Recht auf Datensouveränität“ geben müsse. Doch bedeutet das nun, dass man selbst entscheiden dürfe, welche Daten man preisgeben möchte und welche nicht? Zu dieser Frage gab es keine wirkliche Antwort. So wurde das Thema Privatsphäre bei dem Datengipfel nicht angesprochen. Stattdessen betonte Wissing, dass man mit „Security by Design und by Default“ strenge Vorgaben für Unternehmen etablieren möchte. Hierbei soll es den Nutzern möglich sein, viele Sicherheitseinstellungen vornehmen zu können. So möchte man dem Datenschutz-Grundrecht auch bei fortschreitender Digitalisierung und erweiterter Datenverarbeitung seinen gebührenden Platz einräumen. Wie das im Einzelnen geschehen soll, möchte man am kommenden Mittwoch im Rahmen der Konferenz der Stiftung Datenschutz vorstellen.

Ein Blick in die Glaskugel?

Die Öffentlichkeit erwartete beim Digitalgipfel eigentlich ein ausgereiftes Strategiepapier der Bundesregierung. Allerdings handelte es sich vielmehr um einen Ausblick auf Dinge, die einmal sein könnten. Das bedeutet, dass aktuell noch immer die Datenstrategie der vorherigen, großen Koalition aktuell ist. Wissing selbst betonte, dass das Papier derzeit noch in Zusammenarbeit mit anderen Ressorts ausgefertigt werde. Erst, wenn dieses dann vorgestellt wird, werden wir uns wohl über handfeste Informationen freuen können. Feststeht, dass Wissing auch der Künstlichen Intelligenz einen großen Raum geben möchte. Das ist nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch die Exekutive interessant. Insbesondere in der Datenverarbeitung durch die Exekutive wie Strafverfolgungsbehörden könnte man hier zielführende Ergebnisse erzielen.

Da Wissing aber natürlich auch den Verkehr im Fokus hat, soll ein Qualitäts- und Innovationszentrum an Entwicklungen zum autonomen Fahren arbeiten. Als Grundlage sollen hierbei unter anderem auch Mobilitätsdaten dienen, die beispielsweise den Fluss des Straßenverkehrs analysieren sollen. Dass die Zusammenarbeit zwischen Autoherstellern und öffentlichen Stellen fruchtbar sein kann, hat erst kürzlich Mercedes Benz unter Beweis gestellt. Das Stuttgarter Traditionsunternehmen hat gemeinsam mit dem Kraftfahrtbundesamt die Möglichkeit des autonomen Einparkens entwickelt. Da sich in den nächsten Jahren vor allem im Bereich der KI viel tun wird, werden auch schwarze Schafe unvermeidbar sein. Dementsprechend plant Wissing obendrein ein Prüflabel für Produkte, die auf KI setzen.

Kritik kommt vom Chaos Computer Club

Eigentlich dient ein Gipfel dem regen Austausch über ein vorher festgelegtes Thema. Um hier wirklich zielführende Diskussionen in die Wege zu leiten, benötigt es auch eine Gegenmeinung. Dies scheint man auf Seiten der Austragenden ein stückweit unterbunden zu haben. So lud man zwar namhafte Vertreter wie die Open Knowledge Foundation (OKF) ein, ein weltweit bekannter Club fehlte jedoch. Denkt man in Deutschland nämlich an das Thema Datenschutz, kommen einem in aller erster Linie die Mitglieder des Chaos Computer Clubs (CCC) in den Sinn. Dieser zeigt sich erneut enttäuscht darüber, keine Einladung erhalten zu haben. Darüber beklagten sich auch andere Vereinigungen wie beispielsweise die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Gemeinsam mit ihren Bündnispartnern aus dem digitalpolitischen Bündnis F5 beschwerte sie sich darüber, dass zu dem Gipfel in aller erster Linie Wirtschaftsvertreter geladen waren. Den Vorwurf des Lobbyismus muss sich die Ampelkoalition also gefallen lassen.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

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