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Droht Huawei nun auch in Deutschland das Aus?

Mobilfunk-Komponenten, vor allem im 5G-Netz, von Herstellern aus China könnten auch in Deutschland bald das Aus drohen. Das Bundesinnenministerium will die damit verbundenen Risiken neu bewerten. Konkret betroffen sind vor allem Huawei und ZTE.

Rip and Replace: Kommt das Huawei-Verbot?

Wie das Bundesinnenministerium dem Handelsblatt verraten hat, behält man sich das Recht vor, Netzbetreiber anzuweisen, kritische Bauteile „nicht vertrauenswürdiger Hersteller“ auszubauen und nicht mehr zu verwenden. Das gilt selbst für Anlagen, die aktuell bereits in Betrieb sind.

In der Branche heißt dieses Verfahren Rip and Replace, zu Deutsch also „herausreißen und ersetzen“. Es sieht vor, dass die Nutzung bereits verbauter Komponenten bzw. Technik, die aktuell genutzt wird, untersagt werden kann und Netzbetreiber zum Austausch verpflichtet werden.

Und zwar, „wenn der weitere Einsatz die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland voraussichtlich beeinträchtigt, insbesondere, wenn der Hersteller der kritischen Komponente nicht vertrauenswürdig ist“, wird das Ministerium seitens des Handelsblatts zitiert.

Rip and Replace Huawei

Konkret davon betroffen sind vor allem chinesische Hersteller wie Huawei und ZTE, die in den USA bereits im Jahr 2020 durch den sogenannten, umgangssprachlichen „Rip and Replace Act“ (Secure and Trusted Communications Networks Act) von der Demontage sämtlicher Mobilfunk-Technik betroffen waren.

Den USA ist im Besonderen Hersteller Huawei schon lange ein Dorn im Auge. So sieht man in dem chinesischen Tech-Konzern eine „Gefahr für die nationale Sicherheit“. Der Ausbau sämtlicher Technik des Herstellers kommt das Land allerdings deutlich teurer zu stehen als ursprünglich gedacht.

Mobilfunk-Umbau könnte teuer werden

In Deutschland würde der Ausbau der Mobilfunktechnik chinesischer Hersteller eine Umrüstung auf europäische Anbieter wie Ericsson und Nokia bedeuten. Da aber sämtliche Mobilfunkanbieter, also die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland Technik von Huawei und Co nutzen, dürfte der Rip and Replace Act auch hierzulande teuer werden.

Doch nicht nur die Kosten wären enorm. Auch der weiterhin großflächig voranschreitende Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes würde einen heftigen Dämpfer bekommen und sich vermutlich verzögern.

Da Komponenten der verschiedenen Hersteller nicht zwangsläufig zueinander kompatibel sind, würde ein entsprechendes Huawei-Verbot eine großflächige Umrüstung bedeuten. Das ist einer der Gründe dafür, warum das Innenministerium dies nicht im Alleingang entscheiden darf. Eine Abstimmung mit dem Außen- und Wirtschaftsministerium sei notwendig, wie es heißt.

Anfang Juli startete das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gerade erst ein neuartiges Zertifizierungsprogramm für 5G-Komponenten für mehr Sicherheit. Hier spielte neben Ericsson und Nokia auch Huawei noch eine wichtige Rolle.

FDP rät zur Vorsicht

Auf Rückfrage des Handelsblatts gaben sowohl Vodafone als auch Telefónica an, Mobilfunktechnik verschiedener Hersteller zu nutzen. Doch nur Vodafone nannte konkret auch Huawei als Anbieter. Die Deutsche Telekom habe ich hingegen nicht geäußert.

Interessanterweise arbeitet Vodafone aber derzeit mit Vodafone Open RAN an eigner Netztechnik, womit der Netzbetreiber nicht mehr zwingend an die Nutzung von Funkstationen anderer Anbieter wie Huawei, Ericsson und Nokia gebunden ist.

Konstantin Kuhle von der FDP rät im Falle von Huawei aber zu größter Vorsicht, wie er gegenüber der Zeitung sagt. „Es wäre weltfremd und naiv, die geopolitische Bedeutung der Aktivitäten Huaweis in Deutschland für den Einfluss Chinas nicht zu erkennen.“

Dementsprechend sei es richtig und wichtig, dass deutsche Behörden die Risiken erneut überprüfen würden. Man dürfe sich als Land „nicht von Diktaturen abhängig machen“, so Kuhle weiter. Zustimmung erhält er von Konstantin von Notz von den Grünen, der die Lage ähnlich beurteilt.

Gerade vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der damit verbundenen Erpressung Russlands durch die Drosselung der Gaslieferungen, will die deutsche Bundesregierung die Risiken durch eine wirtschaftliche Abhängigkeit von Diktaturen neu bewerten. Dazu zählt eben auch Mobilfunk-Technik von Huawei und ZTE, zu der aber aktuell noch keine offizielle Entscheidung gefällt wurde.

Huawei selbst sei von einem entsprechenden Ausschluss in Deutschland nichts bekannt. Man böte eine hervorragende Sicherheit, wie es heißt. Doch der Vorwurf, Huawei könnte seine Technologie zur Spionage durch chinesische Nachrichtendienste nutzen, schwebt bereits seit Langem wie ein Damoklesschwert über dem Tech-Riesen. Obwohl sich natürlich nichts dergleichen bislang bestätigen ließ.

In Frankreich wurden die Lizenzen mit Huawei bereits vor über zwei Jahren nicht mehr verlängert, wodurch Mobilfunk-Technik aus China langsam ausgegliedert wurde. Dieses Szneario könnte, wenn sich die Bundesregierung dafür entscheidet, auch hierzulande vollzogen werden – vielleicht sogar noch deutlich schneller.

Simon Lüthje

Ich bin der Gründer dieses Blogs und interessiere mich für alles was mit Technik zu tun hat, bin jedoch auch dem Zocken nicht abgeneigt. Geboren wurde ich in Hamburg, wohne nun jedoch in Bad Segeberg.

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