Sony spielte schon mit dem WH-1000XM2 in der Oberklasse und konnte auch in unserem Test beeindrucken. Nun haben wir das Nachfolgermodel WH-1000XM3 auf dem Tisch und sind gespannt, was die Weiterentwicklung kann. Branchenkenner werden wissen, dass es hier um die Krone der Noise-Cancelling-Kopfhörer gehen wird.
Wir starten in unserem Testbericht mit den zwei wichtigsten Vergleichen und schließen das isolierte Review daran an.
… Und was ist mit Bose?
Um diese Frage kommt man bei der Kaufentscheidung wohl nicht herum. Es findet sich kaum ein Review, in dem Boses QC 35 unerwähnt bleibt. Unseren Test zu den QuietComfort 35 findet ihr hier. Sony und Bose sind der Konkurrenz meist überlegen und liefern sich für lange Zeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Branchenprimus. Der WH-1000XM3 ist auch als Antwort auf diesen Wettstreit zu sehen. Für Sony ging es bei diesem Launch um nichts Geringeres als die Krone der ANC-Kopfhörer. Boses neues 700er Modell hat dagegen viele Fans enttäuscht, weshalb noch der QC 35 II als Vergleichsprodukt herhalten muss.
Selbstverständlich hat jeder Nutzer seine individuellen Vorlieben, insbesondere in Puncto Design oder Klang gehen die Geschmäcker bekanntlich auseinander. Fest steht, bei beiden Konkurrenten bekommt man für sein Geld Top-Produkte. Nach diesem Disclaimer geht’s nun los mit dem Vergleich:
- kräftigerer Bass
- bessere Geräuschunterdrückung
- überlegene App mit mehr Features (etwa durch Funktionen wie Adaptive Sound Control)
- besserer Gesamtklang
- USB-Typ-C (bessere Akkulaufzeit, deutlich schnellere Ladezeiten)
- (-) schlechtere Sprachqualität des Mikrofons (etwa bei Wind)
- (-) nicht mit mehreren Geräten gleichzeitig verwendbar (vs. mehrere bei Bose, etwa Laptop und Handy gleichzeitig)
Aufzuholen galt es gegenüber Bose besonders beim Design und Tragekomfort, das haben die Japaner geschafft und sind jetzt hier etwa gleichwertig. In Puncto Design würde ich Bose aber noch knapp den Vorzug lassen, da die Ohrmuscheln nicht so klobig und die Farben und Oberflächen satter sind.
Lohnt sich das neue Modell?
Sony hat mit dem WH-1000XM3 gegenüber dem XM2 viel richtig gemacht. Das Wichtigste ist, dass die Japaner die bewährten Eigenschaften nicht angerührt haben und es somit keine „Verschlimmbesserungen“ gibt. Die innovative Bedienung mit der Hand an der Ohrmuschel hat man beispielsweise so belassen und nur um Funktionen wie Alexa- oder Google Assistant-Kompatibilität ergänzt. Beim Design haben sich bloß Nuancen verändert, sowohl bei den Hörern als auch bei der Tasche (Box), die wieder mit dabei ist.
Relativ lange hat es sich noch gelohnt, beim Kauf die XM2 in Erwägung zu ziehen, weil diese zum Teil deutlich günstiger waren. Es ist keineswegs so, als hätte der XM3 seine ältere Schwester abgelöst. Beide galten noch relativ lange als Konkurrenzprodukte zueinander. Momentan passen sich die Preise aber immer mehr an, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt (außer Gebrauchtkauf!) von der Vorgängergeneration abzuraten ist. Spannend ist, dass sich Sony bei manchen Eigenschaften die eigene Krone nimmt. An die Geräuschunterdrückung kam bisher noch kein Konkurrent ran und hier ist sie sogar nochmal verbessert worden.
Das sind die wichtigsten Eigenschaften des XM3 im Vergleich zum Vorgänger:
- Leicht überarbeitetes, besseres Design (auch der Box). Das Material der Ohrpolster hat mich beim XM2 besonders gestört
- USB Typ C: neuer Standard für schnelleres Laden
- Überarbeitetes Noise-Cancelling (etwas besser)
- Überarbeiteter Klang (etwas besser)
- Etwas leichter und komfortabler zu tragen
- Neue Zusatzfeatures über die App
Die Sony WH-1000XM3 out of the box
Der Lieferumfang besteht – neben den Kopfhörern – aus einem Transportcase, einem kurzen USB Typ C-Ladekabel, einem Mini-Audiokabel sowie einem Flugzeug-Adapter. Die Box macht optisch etwas her, ist kompakt und bietet guten Schutz beim Transport. Eine Quickstart-Anleitung gibt einen guten visuellen Überblick über die Bedienbarkeit der Noise-Cancelling-Kopfhörer. Die Verbindung mit Bluetooth gelingt schnell. Der An-Schalter muss für etwa 6 Sekunden gedrückt werden und schon kann man das Gerät pairen und loslegen.
Von außen
Das Design gefällt uns insgesamt sehr gut. Hier wurden einige Kritikpunkte des XM2 umgesetzt. Die XM3 gibt es in den verschiedenen Farben Silber und Schwarz, wobei man sich über die Frage streiten kann, ob das wirklich silbern ist. Mit mattem Schwarz macht man in der Regel nichts falsch. Nur wenige kleine bronzen-farbige Elemente lockern das schlichte dunkle Design auf. Die Kopfhörer sind durchaus bürotauglich und schick. Die qualitative Verarbeitung überzeugt nicht nur optisch, sondern auch beim Biegetest. Man muss sich schon wirklich ins Zeug legen, um die Kopfhörer kaputt zu kriegen. Die Ohrmuscheln können um ca. 130 Grad gedreht sowie eingeklappt werden und lassen sich zudem etwas neigen.
Das Design wird auch kaum von Knöpfen gestört. Es gibt lediglich zwei Knöpfe an der Unterseite, die wenige Millimeter herausragen. Die Bedienung erfolgt ansonsten über Fingertippen bzw. -wischen an de Ohrmuschel.
Der Tragekomfort
… lässt sich ganz schnell mit „ausgezeichnet“ zusammenfassen. Die Polsterung auf dem Kopf ist schön dick. Die Kopfhörer sind mit ca. 250 g leicht und sitzen gut auf. Die Ohren werden von den Ohrpads ganz umschlossen und berühren die ebenfalls gut gepolsterte Innenseite nur ein wenig. Die WH-1000XM3 liegen wie ihr Vorgänger neben den Ohren an (Over-ear). Die geschlossenen Ohrpolster sind weich und auch gut für Brillenträger geeignet. Die Kopfhörer drücken kaum und dennoch sitzen sie fest auf dem Kopf, sodass man etwa gut damit joggen gehen kann. Für Headbanging reicht es aber leider nicht.
Von dem erheblichen Komfortgewinn durch die aktive Geräuschunterdrückung etwa bei Flügen mal abgesehen, sind die Kopfhörer auch für sich sehr bequem zu tragen. Bei längeren Sessions kriegt man noch kein Druckgefühl an den Ohren, denn die Polsterung ist wie ein gemütliches Kissen. Nach über 5 Stunden sollte man sich aber mal eine Pause gönnen.
Noise Cancelling
In einer immer lauter und hektischer werdenden Umwelt in den Städten ist die Geräuschunterdrückung sicherlich eine Oase für Ruhebedürftige. Ob im alltäglichen Bahnpendler-Dschungel, im Flugzeug oder im Park… Wer einmal in den Luxus guten Noise Cancellings gekommen ist, kann nur noch schwer darauf verzichten. Das Filtern der Umgebungsgeräusche reduziert den Stress und verbessert den Musikgenuss erheblich.
Sony hat das hauseigene beste Noise-Cancelling mit den WH-1000XM3 sogar noch einmal überboten. Das Gesamtpaket der besten NC-Technologie zusammen mit den zahlreichen verschiedenen Konfigurationsstufen und Funktionen in der App überzeugen. Das Testobjekt filtert Geräusche am besten heraus, ohne Wenn und Aber – es ist ruhig. Die Stille erzielen die Kopfhörer jedoch nicht mithilfe physischer Abschirmung der Ohrmuscheln, sondern durch ihre NC-Technologie. Je nach Präferenz könnte man diese Herangehensweise mit dem erzeugten „Gegenrauschen“ als unnatürlich bzw. störend wahrnehmen. Ist das NC aktiv, hört man sich nicht einmal mehr selbst reden.
Bei der „adaptiven Geräuschunterdrückung“ fassen die Mikrofone die Umgebungsgeräusche auf und passen das Noise-Cancelling intelligent hieran an. Das heißt in der Praxis, das wenn man etwa in eine Bahn einsteigt, die Kopfhörer die veränderte Geräuschkulisse wahrnehmen und den passenden Unterdrückungsmodus auswählen. Hierbei stören jedoch die Unterbrechungen beim Umschalten den flüssigen Musikgenuss.
NC bedeutet aber keinesfalls „dauerhaft taub“ zu sein. Man kann die Funktion anpassen und ausstellen und sogar Umgebungsgeräusche auf Wunsch verstärken. Dies klappt beim Hören auch ohne Weiteres. Legt man die Hand auf eine Ohrmuschel, kann man Gespräche klar mitverfolgen. Die Reichweite reicht sozusagen von absoluter Stille bis hin zum Hörgerät.
Die App
Die Kopfhörer werden durch erhöhten Funktionsumfang mit der Sony Headphones App für Android und iOS aufgewertet. Primär eignet sich die App, um die Geräuschunterdrückung einzustellen. Es gibt aber auch zahlreiche andere Funktionen zum herumspielen. Hierauf detailliert einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Fest steht, dass nicht alle Funktionen gleich nützlich sind. Manche Konfigurationen verschlimmbessern die Kopfhörer, können für manche Nutzer aber nützlich sein. Für mich ist neben dem NC am nützlichsten, dass man benutzerdefinierte Equalizer festlegen, die Klangposition steuern und die Assistant-Taste umbelegen kann. Die App ist nicht zwingend notwendig, um die Kopfhörer zu verwenden.
Über die NC-Taste kann man Sprachbefehle für Google, Alexa, Siri und Co. einsprechen. So können mithilfe der Kopfhörer beispielsweise unterwegs Kalendereinträge vorgelesen, eine Notiz erstellt werden oder ähnliches. Auch das ist eine praktische Option, die einen Pluspunkt wert ist.
Das Wichtigste: der Klang
… ist ebenfalls ausgezeichnet. In dieser Rubrik hat man gegenüber dem Vorgängermodell ebenfalls etwas zugelegt. Die 40 mm Klangtreiber liefern ein top Klangbild, nun auch mit ordentlich „wumms“. Die Stärke des Klangs zeigt sich in verschiedenen Frequenzbereichen, der kräftige Bass fällt gegenüber der Konkurrenz aber am positivsten auf. Wenn man schon mehrere Kopfhörer getestet hat, erkennt man guten Klang relativ schnell und weiß ihn zu schätzen. Studiokopfhörer legen noch einmal eine Schüppe drauf, haben aber auch mit Verstärkern ganz andere Impedanzen und nicht so viel kompakte Technik, deshalb hingt der Vergleich etwas.
Der Klang ist präzise und facettenreich. Wenn man etwas zu Mäkeln sucht, wird man nur in den Höhen fündig. Jedenfalls werden nicht alle den Klang aus Audio inklusive „NC-Beimischung“ mögen. Ohne NC geht die Fülle fast schon verloren, die Kopfhörer könnten noch mehr Geräusche durch ihre Ohrpolster abschirmen. Am besten sollte man einmal ausprobieren, ob man mit dem „Gegenrauschen“ gut klarkommt. In stilleren Passagen und Titelwechseln kann es etwas stören.
Der Frequenzumfang ist mit 4 – 40.000 Hz für Menschen eigentlich schon „overkill“. Aber es ist schön zu wissen, dass etwa auch Delfine im höheren Bereich noch Klänge mit dem XM3 genießen könnten. Die technischen Daten findet ihr bei Sony hier.
Ausgestattet mit den neuesten Bluetooth-Technologien und DSEE HX-Optimierungsstandard kann man Musik auch gut ohne Kabel genießen. Über das Stereokabel lässt sich der Klang noch einmal aufwerten. Die Verbesserung durch das Kabel ist aber nur für Klangfans wesentlich. Die Meisten werden über Bluetooth voll zufrieden sein.
Wo liegt bei den WH-1000XM3 der Haken?
Kommen wir nun zur Kritik, denn bekanntlich ist nichts perfekt. Große Fehler findet man eigentlich kaum, aber wenn es um die Krone geht, darf man auch etwas pingeliger sein.
Obwohl ich den Preis für die gebotene Leistung und Qualität gerechtfertigt finde, liegen wir hier nunmal in der Oberklasse. Die Sony WH-1000XM3 sind nicht für jedermann erschwinglich und es gibt günstigere Produkte auf dem Markt, die viele Anwender zufriedenstellen können.
Physische Knöpfe findet man an den Kopfhörern kaum. Deshalb ist die Bedienung wohl etwas gewönungsbedürftig. Es kommt schon einmal vor, dass man die Bedienung am Ohrhörer versehentlich betätigt. Außerdem verdrückt man sich hin und wieder. Obwohl das Touchpad meiner Meinung nach die beste Lösung ist, ist sie noch nicht ganz perfekt. Es gibt Berichte über Störungen bei starker Kälte, die wir noch nicht bestätigen konnten. Zudem ist nur eine Bluetooth-Verbindung zu einem Gerät gleichzeitig möglich. Hier wären wir dann auch schon beim größten Kritikpunkt. Über den Laptop Musik hören und dann mal eben eine Sprachnachricht mit dem Handy abhören geht hier nicht, schade!
Kleine Kritikpunkte
Konkurrenzprodukte haben auch andere Funktionen im Petto. Die Musik könnte etwa wie bei den Surface-Kopfhörern oder Bowers und Wilkins PX automatisch aufhören zu spielen, wenn man die Kopfhörer absetzt. Durch die Verstärkung der Umgebungsgeräusche (etwa Stimmen) durch Handauflegen an der Bedienmuschel umgehen die WH-1000XM3 das Fehlen dieser Funktion quasi, jedoch sollte sie noch ergänzt werden.
Das USB-C-Ladekabel ist leider nicht länger als eine Gabel. Wenn man seine Steckdose etwas höher bzw. keine Ablagemöglichkeit in unmittelbarer Nähe hat, baumeln die Kopfhörer in der Luft. Wahrscheinlich hat man noch ein längeres Kabel von Smartphone o. ä. herumliegen und die kleine Größe ist besser für den Transport in der Box, aber wie gesagt: hohes Niveau bedeuten hohe Anforderungen und das kann Nutzer stören.
Manche Kritikpunkte des Vorgängermodells setzen sich hier fort. Die Kopfhörer lassen sich nicht einfach in eine Hülle werfen, sondern müssen in eine bestimmte Position gefaltet werden, um im Hardcase Platz zu finden. Bei häufigerem Aus- und Einpacken finde ich das unpragmatisch, jedoch ist die Schutzfunktion daher hoch. Und einen haben wir noch: Das Sprachfeedback etwa beim Ein- und Ausschalten ist noch etwas zu 32-bit-klangmäßig aufgelöst.
Fazit
In der Regel gilt, je länger man braucht, um Kritik zu finden, desto besser ist das Produkt. Ich habe in den Testmonaten schon sehr kritisch schauen müssen, um Makel festzumachen. Entsprechend positiv fällt das Fazit zu den Sony WH-1000XM3 aus. Sie punkten mit gutem Design, Spitzenklang, bestem Noise-Cancelling und einer beachtenswerten Anzahl an Features über die App. Gegenüber Hauptkonkurrent Bose tut sich zwar nicht viel, unserer Meinung hat es Sony mit der Weiterentwicklung der beliebten Serie jedoch geschafft, den Sieg erstaunlich klar für sich zu entscheiden. Um die „Forschungsfrage“ unseres Beitrags zu beantworten: Ja, Sonys WH-1000XM3 ist derzeitiger König der Noise-Cancelling-Kopfhörer. Wen der Preis nicht abschränkt, kann guten Gewissens zugreifen.
Sony WH-1000XM3
Soundqualität
Noise-Cancelling
Design
Verarbeitung
Features
Preis-Leistungs-Verhältnis
Ausgezeichnet!
Die Kopfhörer können in allen Bereichen abräumen. Nur beim Design und der Soundqualität, die etwas unter dem starken NC leidet, ist noch hauchdünne Luft nach oben. In den anderen Bereichen bilden die WH-1000XM3 den Maßstab.