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Chatkontrolle in der EU: Es hagelt Kritik von allen Seiten

Die sogenannte Chatkontrolle ist nicht nur innerhalb der EU-Bevölkerung umstritten. Mittlerweile kritisiert selbst der wissenschaftliche Dienst des Europaparlaments nebst namhaften Politikern von allen Seiten das Vorhaben. Es folgen erste Forderungen, das geplante Instrumentarium im Bereich der digitalen Kommunikation auf Eis zu legen.

Chatkontrolle ist nicht zielführend

Mit der Chatkontrolle möchte die EU-Kommission gezielt gegen die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet vorgehen. Das trifft seit Bekanntwerden auf breite Kritik. Nun hat der wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments ebenfalls Alarm geschlagen und das Vorhaben nicht nur als ineffektiv bezeichnet. Vielmehr verstoße das Instrument der Verbrechensbekämpfung gegen die Grundrechte der Nutzer im Internet. Das ließe sich durch die geringe Wirksamkeit im Kampf gegen Kinderpornografie nicht rechtfertigen. In ihrer 140 Seiten umfassenden Untersuchung machen die Experten deutlich, dass mit der Chatkontrolle zwar die Zahl gemeldeter Fälle von Missbrauchsdarstellungen steigen dürfte. Das Problem ist jedoch, dass es dem Instrument an Genauigkeit mangele. Das sorgt nicht nur dafür, dass viele unbescholtene Bürger ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Obendrein dürfte die damit einhergehende Arbeit die zuständigen Ermittler schlichtweg übermannen.

Damit kommt die Kritik nicht mehr nur von EU-Datenschutzbeauftragten. Nun häufen sich Stimmen auch aus der Politik, die von der EU-Kommission fordern, den Vorschlag schnellstmöglich wieder zurückzunehmen. Streng genommen ist die Technologie einfach noch nicht zielführend. Schließlich setzt sie nicht nur auf das Aufspüren bereits bekannter Darstellungen. Obendrein sollen im Rahmen der Kontrolle auch neue Fälle aufgespürt werden. Nicht nur beim Finden neuer Darstellungen, sondern auch dem sogenannten Grooming gehen Experten jedoch von einer zu hohen Fehlerquote aus. Von Grooming spricht man dann, wenn Erwachsene in Chatportalen gezielt Kontakt zu Minderjährigen suchen. Hier mangelt es der Chatkontrolle schlicht an Präzision. Darüber hinaus fürchtet der wissenschaftliche Dienst, dass professionelle Täter den Ausweg ins Darknet suchen könnten. Sie dort aufzuspüren wäre dann wieder deutlich aufwendiger für die ohnehin überforderten Ermittlungsbehörden.

Keine pauschale Vorratsdatenspeicherung erlaubt

Doch das war es noch nicht an Kritik. Obendrein fällt die Chatkontrolle in das Raster einer sogenannten pauschalen Vorratsdatenspeicherung. Diese ist in der EU verboten und unterliefe die Möglichkeit einer verschlüsselten Kommunikation. Das lässt sich auch durch den Kampf gegen Kinderpornografie nicht rechtfertigen. Doch die Experten finden in ihrer Auswertung durchaus auch positive Worte. So begrüßen sie etwa den Vorschlag, dass ein EU-Zentrum ins Leben gerufen wird, das sich mit dem Kampf gegen Kindesmissbrauch beschäftigt. Gegenüber den Kollegen von Golem.de stimmt der Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piraten) den Ausführungen des wissenschaftlichen Dienstes vollumfänglich zu.

Er sieht sich in seiner anfänglichen Einschätzung bestätigt und sagt, dass „die geplante verdachtslose, flächendeckende Nachrichten- und Chatkontrolle […] das digitale Briefgeheimnis“ zerstöre und gegen die EU-Grundrechtecharta verstößt. Obendrein sei sie im Kampf gegen Kinderpornografie ineffektiv, da die Ermittlungsbehörden mit einer gigantischen Masse an Verdachtsmeldungen konfrontiert werden würden. Somit sieht sich die EU-Kommission eines massiven Drucks von vielen Seiten ausgesetzt. Angesichts dieser Bedenken wird es wohl ziemlich wahrscheinlich nicht zur Durchsetzung der Chatkontrolle in der EU kommen. Zumindest dann nicht, wenn keine Anpassungen vorgenommen werden.

Jens Scharfenberg

Gaming und Technik waren stets meine Leidenschaft. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Als passionierter "Konsolero" und kleiner "Technik-Geek" begleiten mich diese Themen tagtäglich.

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