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Datenschutz: Krankenversicherungsdaten gehen an Forschungsstelle

Zum 1. Oktober sollen der Sammelstelle des GKV-Spitzenverbands weitgehende Gesundheitsdaten von 73 Millionen Versicherten aus Deutschland vorliegen, um wissenschaftlich ausgewertet werden zu können. Ein Widerspruchsrecht existiert nicht, Informationen erfolgen nicht – doch Datenschutzorganisationen wehren sich weiterhin.

Umfassende Datensammlung und -auswertung

Jens Spahn hatte mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz, das das Gesundheitswesen unter anderem mit E-Rezept und elektronischer Gesundheitskarte grundlegend verändern soll, die jetzige Regelung auf den Weg bringen lassen, die die umfassende Sammlung und Auswertung von allen relevanten Gesundheitsdaten beinahe aller Menschen in der Bundesrepublik vorsieht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Daten an die Sammelstelle des GKV-Spitzenverbandes weiterzuleiten, der sie wiederum bis Dezember an das Forschungsdatenzentrum des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte weitergeben muss. Dort sollen die Daten ausgewertet und 30 Jahre lang gespeichert werden. Die Politik verspricht sich davon offenbar einen besseren Einblick in die Gesundheitslage in der BRD sowie mögliche Impulse für Veränderungen der Gesundheitsversorgung.

Verstoß gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Datenschutzverbände haben die Regelung von Beginn an scharf kritisiert. Verwiesen wurde dabei zentral darauf, dass sie einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstelle – insbesondere, da keine Möglichkeit des Widerspruchs vorgesehen ist. Hinzu kommt der Umstand, dass die Forschungsstelle nicht zu einem strengen Datenschutz verpflichtet ist. Die Daten werden lediglich pseudonymisiert, wobei die Namen und Geburtsdaten der Versicherten entfernt werden. Eine weitere Bearbeitung der Daten erfolgt jedoch nicht; auch eine zeitgemäße Verschlüsselung der gespeicherten Daten ist nicht vorgesehen. Ein Gutachten des Kryptografie-Professors Dominique Schröder hat gezeigt, dass es insbesondere bei Personen mit seltenen Erkrankungen vergleichsweise leicht möglich ist, trotz der angewandten Pseudonymisierungsverfahren Rückschlüsse auf die Person zu ziehen – was diese insbesondere bei stigmatisierten Erkrankungen einer greifbaren Gefahr aussetzen kann. Neben der grundsätzlichen Fragwürdigkeit der Datensammlung und -auswertung ohne Einwilligung der Betroffenen besteht damit die Gefahr des Datenmissbrauchs.

Schröder wies zudem darauf hin, dass vor allem die zentrale Datensammlung ein unnötiges Risiko darstelle, das sich technisch leicht vermeiden ließe. Er sieht hierin einen Single Point of Failure, der nicht dem aktuellen Stand der Technik entspricht.

Gesellschaft für Freiheitsrechte und CCC klagen

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte und der Chaos Computer Club haben gemeinsam mit einer Person, die an der seltenen Erkrankung Hämophylie leidet, bereits gegen das Digitale-Versorgung-Gesetz bzw. die damit verbundene Zwangssammlung von Daten geklagt – und zwar mit Erfolg. In zwei Eilverfahren in Berlin und Frankfurt am Main wurde die Datensammlung in diesem Falle unterbunden. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat bereits angekündigt, weiterhin darauf hinwirken zu wollen, ein Widerspruchsrecht sowie einen angemessenen Schutz der Daten zu erwirken.

Simon Lüthje

Ich bin der Gründer dieses Blogs und interessiere mich für alles was mit Technik zu tun hat, bin jedoch auch dem Zocken nicht abgeneigt. Geboren wurde ich in Hamburg, wohne nun jedoch in Bad Segeberg.

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